Minister Antonios Antoniadis bedauert, dass Edmund Stoffels nicht wie geplant Sonderbeauftragter für die Raumordnung wird. Stoffels hatte am Wochenende mitgeteilt, dass er den Auftrag nicht annehmen will, weil die Regierung ihm zu wenig eigenen Gestaltungsspielraum zugestehe.
Stoffels sollte maßgeblich mit daran arbeiten, wie die Raumordnung in der DG gestaltet wird. Im BRF-Interview sagt Antoniadis, er setze auch ohne Stoffels auf ein breit aufgestelltes Team in der Materie. "Plan B ist Plan A. Ich habe mitgeteilt, dass wir dieses Projekt im Team umsetzen werden. Das heißt, dass wir eine Reihe von Leuten haben, die aktiv daran arbeiten - sowohl innerhalb der Verwaltung als auch mit Externen. Und da vertraue ich auf das Know-How, den Input, den ich im Team vorhanden haben werde", sagt Antoniadis.
Man könne die schwere Last nicht auf wenige oder nur eine Schulter verteilen, so Antoniadis weiter. Nach der Vorstellung des Ministers hätte Stoffels in allen Gremien zum Thema Raumordnung anwesend sein sollen.
Antoniadis bedauert daher, dass Edmund Stoffels zwar weiterhin sein Wissen zum Thema Raumordnung einbringen wolle, dies aber nicht in Form einer vertraglich geregelten Mitarbeit. "Das hätte ihm mehr Möglichkeiten gegeben, mitzugestalten. Jetzt ist er ein Experte von vielen. In meinem Organigramm hätte er an jedem Schalter mitgesessen und mitbestimmt", so Minister Antoniadis.
Edmund Stoffels hält aber an seiner zentralen Kritik der fehlenden Freiräume für seine Arbeit fest. So beklagt er, dass er als Sonderbeauftragter nur noch mit Ministererlaubnis mit der Presse hätte reden dürfen. Außerdem fühle er sich übergangen. Er habe im Vorfeld ein Konzept ausgearbeitet, wie er sich die Übertragung der Zuständigkeit für die Raumordnung an die DG vorstelle. "Von diesem Dokument ist kein einziger Passus übernommen worden", sagt Stoffels im BRF.
Minister Antoniadis will in einem ersten Schritt die Gesetze zur Wallonischen Raumordnung, den CoDT, übernehmen und mit kleineren Korrekturen anpassen. "Das sind kleinere Maßnahmen, von denen man sagt: Das hätten wir schon immer gerne geändert, ohne aber die DNA der Gesetzgebung anzutasten", so der Minister. Parallel dazu würde mit Hilfe des Expertenteams bis 2024 eine neue, DG-eigene Gesetzgebung ausgearbeitet. "Die Zeit muss man sich hier besonders nehmen. Denn die Entscheidungen, die man trifft, sind Entscheidungen, die nicht umkehrbar sind. Da muss man mit einer besonderen Sorgfalt an die Sache herangehen", sagt Antoniadis weiter.
Eine Vorgehensweise, mit der sich Edmund Stoffels nicht anfreunden kann. Er verweist auf seine Erfahrungen mit dem Vorgänger des CoDT, dem sogenannten Cwatup. Die Wallonische Region habe diese Gesetzgebung auch in mehreren kleinen Einzelschritten verändert, mit dem Ergebnis, dass am Ende Chaos herrschte. Es sei kaum noch nachzuvollziehen gewesen, welcher Bauantrag nun unter welcher Version des Cwatup zu bewerten sei. Die DG drohe hier, in die gleiche Falle zu tappen, wenn sie über fünf Jahre (bis 2024) immer wieder an der übernommenen Regelung Änderungen vornehme.
"Der CoDT ist nicht so schlecht", so Stoffels. Er müsse allerdings in manchen Punkten an die DG-Bedürfnisse angepasst werden. Dazu wolle auch er sich mit allen Beteiligten an einen Tisch setzen. Von einem Alleingang seinerseits könne also nicht die Rede sein. Allerdings wird laut Stoffels der CoDT in der Deutschsprachigen Gemeinschaft nicht im Dialog mit den Bürgern, sondern in der Konfrontation ausgeführt.
Die Urbanismusbehörde soll nach der Vorstellung von Stoffels prüfen, ob ein Bau den strikten legalen Bestimmungen entspricht. Bei der Auslegung bau-ästhetischer Fragen aber müsse sie sich zurückhalten. Diesem Vorschlag wollte man in der DG aber nicht folgen, so Stoffels. "Die Verwaltung antwortete mir, das gehe so nicht. Man müsse wissen, wie in 20 Jahren die Raumordnung, die Gemeinschaft aussehen soll. Das heißt: Wir sind dabei, eine zentralistische Kommandostruktur aufzubauen, statt eine bürgerfreundliche, bürgernahe Raumordnungspolitik."
Und damit nicht genug: Edmund Stoffels sieht in bestimmten Fragen eine gewisse Dringlichkeit. Die DG könne etwa bei der Frage nach neuen Flächen für Handel und Industrie nicht warten. "Wir können nicht warten, bis alle Industrieflächen gefüllt sind, bevor wir uns drangeben, neue zur Verfügung zu stellen. Sonst sind wir in einigen Jahren nicht in der Lage, Ansiedlungsflächen anzubieten. Das heißt, wir müssen sofort, hier und heute, an der Finanzierungsfrage arbeiten", warnt Stoffels.
Und gerade bei der Finanzierung sieht Stoffels ein großes Risiko. Die Wallonische Region überträgt mit der Raumordnung Finanzmittel in Höhe von jährlich 1,6 Millionen Euro. Etwa die Hälfte davon wird schätzungsweise für Gehälter benötigt: Gehälter für diejenigen, die in diesem Bereich in der DG arbeiten werden. Die restlichen 800.000 Euro würden für Investitionen zur Verfügung stehen. Das können beispielsweise neue Industriezonen sein oder auch Dorfentwicklungsmaßnahmen. Das Geld reiche aber bei weitem nicht aus, ist Stoffels sicher.
Wenn man berücksichtigt, dass eine neue Industriezone gerne zehn bis 15 Millionen Euro kostet und der bisherige Kostenanteil der Region von 80 Prozent auf die DG übergeht, dann werde schnell klar, dass 800.000 Euro viel zu wenig sind. Laut Stoffels wäre es weder klug, die Gemeinden, die bisher 20 Prozent tragen, stärker zur Kasse zu bitten, noch die Investoren stärker zu belasten. Die würden dann die günstigeren Grundstücke in den wallonischen Nachbargemeinden bevorzugen, meint Stoffels.
Als Ausweg schlägt er vor, dass sich die DG verstärkt darum bemüht, die Steuerhoheit der Provinz zu erhalten. Damit ließen sich nach Einschätzung von Stoffels zusätzliche Einnahmen von netto 15 Millionen Euro jährlich generieren, die dann auch in die Gestaltung der Raumordnung fließen können. Auf diese Vorschläge konnte Minister Antoniadis vorerst nicht eingehen, da der BRF das Interview mit Edmund Stoffels im Anschluss an das Gespräch mit dem Minister geführt hat.
Nicht gewährte Freiheiten, übergangene Vorschläge, drohende Bevormundung und unterschiedliche Einschätzungen im Thema - der Groll bei Edmund Stoffels ist groß. Trotzdem will er sein Wissen zum Thema allen Beteiligten zur Verfügung stellen.
Nur eines will er nicht: Mitglied seiner Partei SP bleiben. "Ich weiß auch, wie das parteiintern läuft, wenn man einen Sonderauftrag nicht annimmt und trotzdem Parteimitglied bleibt, dann geht der Druck los. Und die SP ist darin gut geübt. Diesem Druck habe ich mich definitiv entzogen. Ich bin jetzt frei."
Olivier Krickel
Dann hat sich die DG bei der Kompetenzuebertragung aber schoen ueber den Tisch ziehen lassen. Da fragt man sich, wie die Verhandlungen gefuehrt wurden. Die Wallonische Region hat anscheinend den Umstand ausgenutzt, das die DG um jeden Preis diese Befugnis haben wollte. Da hat die WR der DG eben ein Kukuksei ins Nest gelegt. Hier sieht man, dass die Autonomie der DG an ihre Grenzen stoesst. Wunsch und Wirklichkeit liegen weit auseinander. Die Autonomie macht nur dann Sinn, wenn sie eine Verbesserung gegenueber der vorherigen Situation darstellt.
Finanzieren kann man die notwendigen Investitionen notfalls ueber langlaufende Kredite (30-40 Jahre). Man kriegt ja was fuers Geld. Wertvolle Grundstuecke, die im Wert steigen. Zum Glueck sind die Zinsen sehr niedrig. Da machen Schulden zwecks Investieren durchaus Sinn.