Es diskutierte mal wieder fleißig in den Räumen der Hauptstadtvertretung der DG in Brüssel. Wieder einmal war hierhin geladen worden zu zwei Stunden geselligem Beisammensein aus Anlass des Festtags der gastgebenden Gemeinschaft.
Wieder einmal waren prominente Gäste auch aus anderen Landesteilen erschienen. Am prominentesten diesmal vielleicht der wallonische Ministerpräsident Elio Di Rupo, Noch-Außenminister Didier Reynders oder der aktuelle Kammervorsitzende Patrick Dewael.
Für Ministerpräsident Oliver Paasch war das nicht unbedingt überraschend. "Ich glaube sagen zu dürfen, dass die Deutschsprachige Gemeinschaft und mehr noch die deutschsprachigen Belgier einen sehr guten Ruf im ganzen Land genießen. Insbesondere bei den politischen Vertretern anderer Gliedstaaten und des Föderalstaates."
"Wir sind dort gut angesehen aufgrund auf der einen Seite der Erfolge, die Ostbelgien durchaus leistet. Die die Menschen in Ostbelgien leisten. Zum Beispiel spielt die Qualität des Handwerks eine große Rolle und stärkt unseren Ruf. Die niedrige Arbeitslosenquote sicherlich auch. Und auf der anderen Seite habe ich den Eindruck, sind wir niemandes Feind. Wir können sowohl mit den Flamen, als auch mit den Brüsselern, als auch mit den Wallonen sehr gut zusammenarbeiten."
Internetanbindung in der DG
Paasch war dann auch der einzige, der während des Empfangs die gesprächige Geselligkeit mit einer Rede unterbrach. Als Gastgeber gehört sich das. Und auch dieses Jahr unterschied sich die Zielrichtung der Rede nicht grundsätzlich von denen der vergangenen Jahre.
"Der Festtag gibt jedes Jahr natürlich die Möglichkeit, die Vorzüge der Deutschsprachigen Gemeinschaft in den Vordergrund zu rücken. Es ist wichtig, auf Ostbelgien aufmerksam zu machen. Nicht nur politisch, auch wirtschaftlich, wenn ich an den grassierenden Fachkräftemangel beispielsweise denke. Es ist aber auch immer die Gelegenheit, einige Forderungen zu richten an andere Entscheidungsebenen wie die Brüsseler Föderalregierung."
Zentrale Forderung dieses Jahr war der Appell an die noch zu bildende neue Föderalregierung, die Internetanbindung von ganz Ostbelgien voranzubringen. Im Digitalen liege die Zukunft, das Digitale entwickele sich rasend schnell fort. Hier den Anschluss zu verpassen, nur weil die nötige Infrastruktur nicht vorhanden sei, wäre schlimm, warnte Paasch, der seine Rede wie gewohnt locker, jovial und manchmal sogar ironisch rüberbrachte.
Lacher im Saal waren ihm dabei gewiss. Und natürlich hatte Paasch diesen Tonfall nicht umsonst gewählt. "Ich glaube, das passt ein bisschen zu dem, was man anderswo über die Ostbelgierinnen und die Ostbelgier denkt. Dass sie auf der einen Seite sympathisch sind. Dass sie in der Lage sind, zu lachen. Dass sie über einen gewissen Humor verfügen, auf der anderen Seite aber durchaus ernsthaft und konsequent Tacheles reden können."
Zum Schluss überraschte Paasch noch mit einer Würdigung von Didier Reynders. Der Noch-Außenminister war das letzte Mal als föderaler Minister und belgischen Innenpolitiker anwesend. Als designierter EU-Kommissar wird Reynders die Innenpolitik bald verlassen. Reynders sei so oft wie kein anderer Föderalpolitiker bei den Festtagsempfängen der DG gewesen, sagte Paasch. Und habe insgesamt sehr viel für die DG getan.
Dafür gab es ein Kissen mit der Aufschrift "Ostbelgien" als Geschenk. "Ich hatte dem luxemburgischen Ministerpräsidenten vor einigen Wochen, das hatten Didier Reynders und Elio Di Rupo übrigens gesehen, dasselbe Kissen geschenkt. Auf dessen Anfrage übrigens", so Paasch.
"Und ich wollte mich mit diesem Geschenk aber vor allem bedanken bei Didier Reynders, der in den letzten Jahrzehnten unglaublich viel für die Deutschsprachige Gemeinschaft getan hat. Der uns in schwierigen Situationen geholfen hat auf dem politischen Parkett. Das war auch in den letzten Jahren wieder der Fall. Und da er ja jetzt in die Europäische Kommission wechselt, wollte ich ihn nicht ohne ein Geschenk gehen lassen."
Praktisch für lange Debatten
Der Beschenkte zeigte sich angetan. Reynders kommt aus Lüttich, hatte seine politische Karriere in der Provinz Lüttich gestartet und besitzt dort viele Freunde – daher der enge Bezug auch zur DG, wie er dem BRF sagte.
Das Kissen werde er durchaus nutzen: "Ich werde wohl versuchen, zwischendurch mal meinen Nacken auf dem Kissen auszuruhen. Wir haben manchmal lange Debatten, bei denen wir auf mehr oder weniger bequemen Stühlen oder Bänken sitzen müssen. Sich danach auf einem Kissen ausruhen zu können, ist nicht verkehrt."
Während der Übergabe des Kissens stand Di Rupo neben Reynders. Paasch war das nicht entgangen. "Ich weiß, dass Elio jetzt neidisch ist, aber damit er das nicht sein braucht, haben wir auch für ihn ein Kissen", sagte Paasch mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht. Und so bekam auch der PS-Ministerpräsident ein Kissen. Und der bedankte sich seinerseits mit einem freudigen Lächeln für das ganz spezielle Ostbelgien-Geschenk.
Kay Wagner