Wenn es um Europa geht, zeigt Xavier Bettel Leidenschaft: offene Grenzen, gemeinsame Währung und vor allem Frieden - das sei ein großer Mehrwert. Beim Antrittsbesuch in Eupen hielt der 46-Jährige einen flammenden Appell für die Wahlen zum EU-Parlament und warnte zugleich vor einer Abkehr von Europa.
"Die Europawahlen können ein Wendepunkt dafür sein, wie es in Europa weitergeht. Wir haben zum ersten Mal Regierungen, die einen Europaabbau möchten", so Bettel. "Ich selbst bin ein überzeugter Europäer. Ich hatte das Glück, ein Erasmus-Programm in Griechenland zu machen und bin so auch mal über die türkische Grenze, nach Bulgarien und nach Skopje gefahren. Dort habe ich gesehen, was es bedeutet, nicht in Europa zu sein und bei einer Grenze zu warten."
Nicht zuletzt aufgrund seiner persönlichen Lebenserfahrungen plädiert Bettel für ein vereintes Europa. "Ich bin heute mit einem Belgier verheiratet. In unserer Geschichte wäre ich dafür zu Tode verurteilt worden", so Bettel. "Heute kann ich frei meine Arbeit machen, kann so sein, wie ich bin und muss mich nicht verstecken - das hat mir auch Europa gebracht."
Die Errungenschaften Europas, aber auch die Probleme einer Grenzregion waren Thema des Arbeitsgespräches mit der Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft. Dabei ging es unter anderem um den Ärztemangel in den ländlichen Gebieten und die Medizinerausbildung. Neben Kontingenten in Belgien und Deutschland für ostbelgische Studenten ist auch eine Kooperation mit der Uni Luxemburg angedacht, wo Ostbelgier ihr erstes Jahr machen könnten.
Im Bereich Klimaschutz strebt man mit den Partnern der Großregion einen Austausch an Fachwissen an. Luxemburg geht mit einigen Beispielen voran - auch wenn sich der CO2-Ausstoß in dem kleinen Land im vergangenen Jahr noch erhöht hat. "Ich weiß, dass unsere Zahlen - auch wegen des Tanktourismus - nicht gut sind, aber die Lebensqualität der luxemburgischen Bürger leidet nicht darunter", sagt Bettel. "Was wichtig ist, ist Alternativen anzubieten: den öffentlichen Transport zum Beispiel kostenlos machen, in erneuerbare Energien investieren und die Bürger einbeziehen."
Eine weitere Zusammenarbeit soll es auch in der Raumordnung geben. Im Hinblick auf die Übernahme dieser Zuständigkeit will die Deutschsprachige Gemeinschaft vom Nachbarn lernen, z.B. was schnelle Baugenehmigungen betrifft.
Michaela Brück