Was verbindet die Deutschsprachige Gemeinschaft mit Südtirol, dem Elsass und den finnischen Aland-Inseln? Und was unterscheidet sie von diesen Regionen? Das hat am Donnerstag ein Kolloquium im Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft untersucht. Nach dem Ersten Weltkrieg wechselten alle vier Regionen die staatliche Zugehörigkeit.
Was auf den ersten Blick aussieht wie eine Auswahl nach dem Zufallsprinzip erschließt sich aus dem geschichtlichen Zusammenhang, wie Karl-Heinz Lambertz erklärt: "Alle diese Autonomien und Entwicklungen kann man nur verstehen, wenn man weiß, dass sie eine direkte oder indirekte Folge des Ersten Weltkrieges sind. Und es geht auch in allen Fällen um sprachliche Minderheiten. Das verbindet natürlich und das macht auch den Vergleich so spannend. Man stellt aber auch fest, dass die jeweilige Entwicklung sehr abhängig von den jeweiligen Staaten ist: Italien, Frankreich, Finnland und Belgien ... da kann man viel voneinander lernen."
Historische Vergleiche mit Elsass-Lothringen und dessen Aufgehen im französischen Zentralstaat sind nicht neu. Und mit dem Land Südtirol - amtlich geführt als Autonome Provinz Bozen - verbinden die Ostbelgier nicht nur Urlaubserlebnisse, sondern auch eine schon jahrzehntelange politische Partnerschaft. Exotischer muten da die Åland-Inseln an, auf denen Schwedisch die Amtssprache ist, auch wenn sie infolge einer Entscheidung des Völkerbundes aus dem Jahr 1921 zu Finnland gehören: "Die Åland-Inseln, das sind nur 29.000 Menschen, die aber auch eine Autonomie haben, sehr vergleichbar mit der unsrigen. 30 Parlamentarier, übrigens sieben Minister und es ist auch sehr spannend, die Kompetenzen zu vergleichen - und das macht die Sache so interessant", sagt Alexander Miesen.
In Eupen waren die Åland-Inseln durch ihre Landtagspräsidentin Gun-Mari Lindholm vertreten. Der Vergleich mit anderen Regionen - für die deutschsprachigen Belgier auch ein Grund, neidisch zu werden? ""Gut, die Südtiroler haben ein sehr interessantes finanzielles Polster, das liegt aber auch an der wirtschaftlichen Lage dort. Wir haben dieses Polster nicht und sind irgendwo abhängig von den Dotationen, die das Finanzierungssystem uns zugesteht. Aber wir können ganz zufrieden sein, mit dem was wir haben. Und ich bin mir auch ziemlich sicher, dass auch die anderen Regionen auch mit dem ein oder anderen 'Neid' auf uns blicken, zum Beispiel wenn es darum geht, dass wir für die internationalen Beziehungen im Rahmen unserer Autonomie zuständig sind", so Alexander Miesen weiter.
Am Freitag besucht König Philippe die Deutschsprachige Gemeinschaft zu einem Festakt, der an den Beginn der Pariser Friedenskonferenz vor hundert Jahren erinnert. In deren Zuge kamen die Kreise Eupen und Malmedy sowie Neutral-Moresnet zum Königreich Belgien.
Stephan Pesch