Eine Buchvorstellung zum Thema "Erben": Da denkt man schnell an eine trockene Veranstaltung. Dass es auch anders laufen kann, das machte der Donnerstagabend in der deutschen Botschaft in Brüssel deutlich, zu dem auch die deutsch-belgisch-luxemburgische Industrie- und Handelskammer und die DG geladen hatten.
DG-Ministerpräsident Oliver Paasch gab den lockeren Ton vor. Erst vor kurzem habe er einen wütenden Bürger vor sich gehabt, der ihn dafür verantwortlich gemacht hätte, 80 Prozent Steuern auf das Erbe seiner Lebenspartnerin zahlen zu müssen. "Dabei bin ich dafür gar nicht verantwortlich", sagte Paasch.
Dass Paasch mit dieser Einschätzung tatsächlich richtig lag, hörten die Gäste wenig später beim Vortrag vom Eupener Notar Christoph Weling. Auch, dass der wütende Mann 80 Prozent Steuern auf das gesamte Erbe zahlen müsse, sei so nicht richtig. Wie es richtig ist, das zeigte Weling mit einem Auszug aus seinem Buch mit dem Titel "Erbschaft in Belgien verstehen und planen": Dort sind die unterschiedlichen Steuersätze aufgeführt für alle möglichen Personen, die erben können. Geteilt nach Regionen. Denn wie viel Steuern welcher Erbe in Flandern, der Wallonie oder Brüssel zu bezahlen hat, das legen die Regionen fest.
Was sein Buch leisten soll, das fasste Weling nach seinem Vortag wie folgt zusammen: "Ich habe versucht, mit meinem Buch einen Einblick zu geben, dass man darin seine eigene Situation ausfindig machen kann. Das heißt, dass man darin findet: Wenn ich mich in meiner Situation nicht mit dem Thema Erbschaftsplanung beschäftige, was passiert? Die Lösung, die das Gesetz dann bringt, ist die für mich die richtige? Und wenn die Antwort ja ist, dann führt das zu Beruhigung. Die Antwort kann einem aber auch Aufschluss geben, dass man dann sagt: Moment, so wollte ich das doch eigentlich gar nicht haben. Und sich dann von einem Steuerberater, Anwalt, Notar beraten zu lassen, um die für sich angemessene Lösung zu finden."
Denn richtig ist zwar: Der Ratgeber gibt sehr viele Einblicke in ganz verschiedene Situationen. Aber um dann doch alles niet- und nagelfest zu machen, dafür sollte man dann doch einen Spezialisten aufsuchen, rät zumindest Weling. Er hat seinen Ratgeber aus drei Beweggründen heraus geschrieben. Einer ist sein Beruf als Notar. Denn als Notar habe er regelmäßig mit Erbschaftsangelegenheiten zu tun. "Dann sieht man, dass in vielen Situationen eine angemessene Erbschaftsplanung doch zu einer besseren Lösung geführt hat. Sei es steuerlich, sei es familienintern, um Streit zu vermeiden. Und dann, weil mich das Thema interessiert und weil ein Ratgeber in deutscher Sprache noch nicht bestand habe ich mich darangesetzt."
Buch für Laien, aber ohne auf Expertise zu verzichten
Herausgekommen ist ein sehr verständlich geschriebenes Buch, das sich auf der einen Seite an den wirklich unbefleckten Laien wendet, aber auf Expertise nicht verzichtet. Fachwörter wie "nacktes Eigentum", "Nießbrauch" oder "Verminderungsklage" werden in einem eigenen Kapitel erklärt. Oft gestellte Fragen nach Grundsätzlichem ebenfalls relativ allgemeingültig beantwortet.
Solche allgemeingültigen Tipps, die Weling in seinem Buch gibt, aber auch am Brüsseler Abend erklärte, ist zum Beispiel folgender: "Allgemein kann man sagen, dass je entfernter die Personen, denen ich mein Vermögen vermachen möchte, mit mir verwandt sind, und je höher mein Vermögen ist, je höher ist auch die Notwendigkeit, sich mit dem Thema zu beschäftigen." Denn je entfernter die Person in der Verwandschaftsordnung steht, je höher sind in der Regel die Steuern, die auf das Erbe anfallen. Schon Schwerstern und Brüder müssen deutlich mehr Erbschaftssteuern zahlen, als Kinder und Lebenspartner.
Die Erbschaft planen sei grundsätzlich gut. Aber nicht immer müsse man das tun - ein weiterer Lehrsatz, den das Buch bietet. Weling erklärt: "Wenn ich ein Paar bin und wir Kinder haben und der Hauptwert unseres Vermögens unser Familienhaus ist, und ich möchte, dass meine Kinder das zu gleichen Teilen erben, dann muss ich nicht planen." Denn in diesem Fall sieht der belgische Staat sowieso schon vor, dass alle Kinder gleich viel von dem Vermögenswert des Hauses erben.
All das lernt der Leser des Buches, das damit zu einem wertvollen und verständlichen Ratgeber für jedermann wird. "Schenken ist meist vorteilhafter als Erben" ist dabei einer der prägnanten Sätze, die den meisten Besuchern des Brüsseler Abends wohl im Gedächtnis geblieben sein dürften.
Am 2. Oktober stellt Weling seinen Ratgeber noch einmal vor: in Eupen, um 18:00 Uhr am Amtssitz des Ministerpräsidenten.
Kay Wagner