Gerty Haas-Crasson hat nicht schon immer gemalt. Als Kind, sagt sie, habe sie so gemalt wie jedes andere auch. Ein besonderes Talent ist ihr damals noch nicht zugeschrieben worden. Die Liebe zur Malerei hat sie erst später entdeckt. "Die Farben haben mich interessiert. Angefangen zu malen, habe ich dann durch einen Waldspaziergang im Herbst. Das hat mich so fasziniert, dass ich das zu Hause direkt auf Papier bringen musste."
Damals war sie schon über 30, hatte bis dato als Apothekenhelferin gearbeitet. Ein Beruf, der mit Kunst gar nichts am Hut hat. Fünf Jahre lang hat sie dann die Kunstakademie in Verviers besucht. Eine sehr relevante Zeit in ihrem Leben, sagt sie heute. Seitdem hat sie viele ihrer farbenfrohen Bilder ausgestellt - ob in Belgien, Frankreich oder Deutschland.
Sie arbeitet mit Acryl, entweder auf Leinwand oder Papier. Ihre Motive sind dabei immer spontan. Auch tragen ihre Bilder, die oft verzerrte Gesichter zeigen, keine Titel. Jeder sehe in ihren Bildern etwas anderes, sie wolle daher Raum für Interpretation lassen.
Jedes Jahr flattert eine Einladung der "Europäischen Vereinigung Bildender Künstler aus Eifel und Ardennen" in Gerty Haas-Crassons Briefkasten. Auch im März hat sie diese Einladung wieder bekommen. Die Vereinigung ruft Künstlerinnen und Künstler dazu auf, zwei Kunstwerke einzureichen, die dann eventuell Teil der Jahresausstellung werden. Eine internationale Jury entscheidet das.
Gerty Haas-Crasson hat Bilder eingereicht und nur wenige Wochen später die Mitteilung bekommen, dass sie diese ausstellen darf und dass sie die diesjährige Preisträgerin des Kaiser-Lothar-Preises sei. Mit der Auszeichnung hatte die Malerin nicht gerechnet, sich aber sehr darüber gefreut. "Es war wirklich sehr schön und herzlich. Ich habe viele nette Menschen, auch junge Künstler kennengelernt. Das war ein sehr netter Tag."
Die Auszeichnung hat sie nicht nur für die zwei eingereichten Bilder bekommen, sondern für ihr Gesamtwerk. Als Preisträgerin darf sie gleich 14 Bilder ausstellen. In der Alten Abtei in Prüm ist der Prinzensaal derzeit ihr Ausstellungsraum. Meterhohe Decken, riesige Kronleuchter und mittendrin ihre bunten Kunstwerke. Zu Prüm hat sie eine ganz besondere Verbindung. 1940 wurde sie hier während des Krieges geboren und hat immer den Kontakt zur Stadt gehalten.
Die Liebe zur Malerei scheint sie an weitere Familienmitglieder weiter gegeben zu haben. "'Wir haben zwei Töchter, sieben Enkel und drei Urenkel. Und zwei meiner Enkel malen wirklich sehr schöne Bilder", sagt Gerty Haas-Crasson. Diesen Sommer wird sie viel Zeit mit ihren Enkeln und Urenkeln verbringen, da bleibt kaum Zeit zum Malen. Wenn der Sommer jedoch vorbei ist, wird sie ihre Rumpelkammer, so nennt sie ihr Atelier, aufräumen und Platz schaffen für neue Ideen und neue Bilder.
Lena Orban