Ungewohnte Anblicke im Sitzungssaal im Parlament in Namur: ein Vorsitzender, der eigentlich gar keiner ist und Abgeordnete, die gar nicht gewählt wurden. Einen Eid auf die Verfassung leisten sie wohl. In der Originalkulisse, in der sonst Paul Magnette und Co über Ceta und andere Themen diskutieren, stellen die neuen Abgeordneten dann ihre eigenen Gesetzentwürfe vor.
"Die Kinder und Jugendlichen kommen einen Tag hier ins Parlament der Wallonie. Sie schlüpfen sozusagen selbst in die Rolle eines Parlamentariers und erleben, wie ein Dekret entsteht und was es bedeutet, politisch zu diskutieren", erklärt die Regionalabgeordnete der DG, Jenny Baltus-Möres. Sie und ihr Kollege Edmund Stoffels haben die 140 Schüler aus verschiedenen Primar- und Sekundarschulen der DG bei der Erstellung eines Dekrets begleitet. Von der Eidesleistung, über die Diskussion der Texte in den Kommissionen bis hin zur Abstimmung im Plenarsaal.
Parlamentsarbeit schlägt Politikverdrossenheit
Bei den Schülern selbst kommt das gut an. Parlamentsarbeit schlägt Politikverdrossenheit, bestätigen auch Qetsia (18) und Eric (17) vom Königlichen Athenäum Eupen: "Ich finde es sehr interessant. Wir hatten schon die Möglichkeit mit zwei Parlamentariern zu reden und Fragen zu stellen und man hat einen kleinen Einblick bekommen, wie arbeitsintensiv das ist."
In den letzten Jahren war die Aktion frankophonen Schülern vorbehalten. Deshalb war auch die Organisation noch nicht ganz reibungslos, verrät uns ihre Lehrerin Sigi Roskamp. "Ich finde die Aktion sehr gut. Die Vorbereitungen würden allerdings einen Monat in Anspruch nehmen und wir haben nur vier Tage gehabt. Das ist definitiv zu kurz, um mit den Schülern etwas Ordentliches auf die Beine stellen zu können." Politik ist im Unterricht aber natürlich ein großes Thema. "Das ist ein Teilbereich der Sozialwissenschaften und da legen wir sehr viel Wert drauf. Wir haben in diesem Jahr vor allem die EU durchgenommen, zum Beispiel den Brexit - also eher die europäische Dimension", erklärt Roskamp.
Wichtige Erfahrung
Doch ob die Themen vom Schnuppertag auch wirklich ins Wallonische Parlament gehören, ist in diesem Fall gar nicht so relevant, erklärt Jenny Baltus-Möres, die dann auch gleich eine Lanze für die Politik im Allgemeinen bricht. "Es geht darum, dass die Kinder und Jugendlichen erleben, wie sie sich selbst in die Politik einbringen können und dass es da um Sachthemen geht. Eigentlich ist Politik etwas sehr sachbezogenes und man kann da wirklich noch Dinge bewegen. Das ist wichtig, dass die Schüler diese Erfahrung machen."
Mission erfolgreich, könnte man sagen, und vielleicht werden die falschen Abgeordneten ja dank dieser Erfahrung sogar eines Tages nach Namur zurückkehren, einen richtigen Eid schwören und echte Dekrete verabschieden.
ake/mg - Bild: Anne Kelleter/BRF