Auch wenn nichts völlig Neues bei dem Kolloquium auf den Tisch kam, hatte es ein Vortrag doch in sich: der von Veerle Wouters, Co-Vorsitzende des Studienzentrum "Objectief V". Gegründet wurde dieser Think Tank von N-VA Chef Bart De Wever. "Objectief V" beschäftigt sich mit dem Thema Konföderalismus.
Wir erinnern uns: Kurz vor den Wahlen 2014 stellte De Wever das Konzept des Konföderalismus in den Raum. Grob zusammengefasst ging es dabei um zwei weitestgehend unabhängige Teilstaaten Flandern und Wallonie - plus Brüssel und Deutschsprachige Gemeinschaft mit einem Sonderstatut.
In Wouters' Vortrag ging es natürlich auch um die Forderung der Deutschsprachigen Gemeinschaft nach einem Belgien zu viert, was 2011 in einer Grundsatzerklärung formuliert worden war. Und da sagt Veerle Wouters, die auch für die N-VA in der Föderalen Kammer sitzt, zwischen den Zeilen: Kommt das Belgien zu viert, dann ist das das Ende von Belgien.
Der damalige Ministerpräsident Karl-Heinz Lambertz, der Vater der Grundsatzerklärung, hatte das "Belgien der vier Regionen" zum Garanten für das Weiterbestehen Belgiens erkoren. Veerle Wouters und damit auch die indirekt die N-VA behaupten jetzt das Gegenteil. Der Schlüssel liegt in Brüssel.
Brüssel als Knackpunkt
Wouters sagt, historisch sei Brüssel eine flämische Stadt, und deshalb sei die Präsenz der Flämischen Gemeinschaft in Brüssel für die Flamen besonders wichtig. Und da Brüssel alleine - ohne Geld aus der Wallonie und Flandern - nicht überlebensfähig ist, sei es wichtig, das Brüssel die gemeinsame Hauptstadt bleibt.
Also andersherum: Wenn die Flämische Gemeinschaft keine Zuständigkeiten mehr in Brüssel ausüben darf, warum sollte sie dann dort noch Geld investieren. Oder noch deutlicher: Was würde Flandern dann überhaupt noch in Belgien halten? Also schlussfolgert Wouters: Die Präsenz der Flämischen Gemeinschaft in Brüssel ist der Zement, der Belgien zusammenhält.
Brüssel ist also der Knackpunkt bei der Frage nach der Zukunft Belgiens, das klang auch in den anderen Vorträgen durch. Hugues Dumont von der Universität Saint-Louis in Brüssel sieht zum Beispiel eine Regionalisierung gemeinschaftlicher Kompetenzen in Brüssel als ersten Schritt zu einem möglichen Belgien zu viert - aber nur bei den personenbezogenen Zuständigkeiten, wie z.B. Familie Gesundheit oder Soziales, nicht bei den kulturellen Angelegenheiten. Denn das würde bedeuten, dass es zum Beispiel auch eine RTBF für die Wallonie und eine RTBF für Brüssel gebe müsse.
Immer aus Krisen heraus
Für Philippe Destatte von der Uni Mons ist es existenziell, dass Brüssel zweisprachig bleibt. Destatte spricht von einer "wahren Zweisprachigkeit". An den Schulen soll zum Beispiel zweisprachig unterrichtet werden - und nicht jeder für sich. Die Forderung "Brüssel ist französischsprachig", das sei antiföderalistisch, genauso wie die in Stein gemeißelte Solidarität zwischen der Wallonie und Brüssel.
Wichtig sei es, sich an einen Tisch zu setzen und gemeinsam etwas aufzubauen. In der ganzen Debatte habe man sich immer nur innerhalb eines juristischen oder institutionellen Rahmens bewegt und nicht über den Tellerrand geschaut.
Ähnlich sah das übrigens auch Luc van der Kelen. Der ehemalige Journalist von Het Laatste Nieuws sagte, alle Staatsreformen seien nur aus den Krisen heraus entstanden. Es habe niemals eine Vision für Belgien geben.
Volker Krings - Bild: PDG
würd mal sagen, Belgien ist nicht Belgien da sich weder die Flamen noch die Wallonen jemals einig waren und es auch niemals sein werden.......und jetzt die Deutschsprachigen da einbringen dürfte wie seit Jahr und Tag eine Kunst darstellen und so gut wie kaum machbar sein.....ua läuft doch eh so gut wie alles über die Flamen und Wallonen......und wieso hat denn nicht ein jeder für sich ne eigene Hauptstadt ? da kann man doch theoretisch Brüssel für abschaffen......denn was heißt denn schon Belgiens Hauptstadt wenn in Belgien selbst viiiieeeelllll zu viel im argen am liegen ist ? Flamen - Wallonen, Wallonen - Flamen, alles andere zählt in diesem Land doch gar nicht. LEIDER !!!
Es ist stimmt, dass die meisten Staatsstrukturen aus Krisen hervorgegangen sind, und Staatswesen gestärkt haben. Im Falle Belgiens bezweifle ich dies. Hier haben die Staatsreformen zu einer Zersplitterung der staatlichen Institutionen geführt, die das Land insgesamt geschwächt haben. Ein Bürokratiemonster ist entstanden, dass ein Eigenleben entwickelt hat und zum Paradies für Postenjäger geworden ist.
Ich als Bürger habe nicht viel davon, wenn Belgien auf die Einwohner bezogen die meisten Parlamentarier hat. Ich muss bezahlen.