"Rio ist unvergleichlich. Das ist die größte Show der Welt. Als ich das 1992 zum ersten Mal gesehen habe, hat es mich gepackt. Von da an bin ich jedes Jahr zurückgekehrt." Alain Taillard hat eine große Leidenschaft für den Karneval. Geweckt worden ist sie in Kelmis, wo er als Kind bei Verwandten den Rosenmontagszug erlebte. Dann kamen Nizza, Venedig und Rio de Janeiro. Dort macht er seit 14 Jahren bei der großen Parade im Sambadrom mit und das voller Begeisterung.
"Das ist eine einmalige Gelegenheit, diese Kostüme tragen und bei der Parade mitmachen zu dürfen. Das ist ein sehr geschlossener Kreis. Man kann sich nicht einfach ein Kostüm kaufen und mitmachen. Man muss eingeführt werden und das Vertrauen der Schule gewinnen. Denn das ist der größte Wettbewerb des Jahres. Es ist wie beim Fußball. Unsere Schule ist in der ersten Liga, und das ist sehr sehr wichtig", erklärt Taillard.
Seine Schule - das ist die berühmte Mangueira. Wie aufwendig deren Kostüme gemacht sind, das sieht man in der Ausstellung im Malmundarium. Hier zeigt Alain Taillard Kostüme, die er selbst und seine Mitstreiter getragen haben. "Das ist die Arbeit eines ganzen Jahres für eine Favela, ein Armenviertel in Rio. In meiner Schule machen 4.300 Menschen bei der Show mit. Es ist Teamarbeit. Das ist wichtig: Alle Kostüme werden für genau eine Stunde und 20 Minuten kreiert und nur einmal angezogen. Sie sind sehr vergänglich, aber von hoher Qualität."
Echte Pfauen- und Straußenfedern, Pailletten und Steine, bunte Stoffe werden aufwendig in die schweren Kostüme und großen Kopfbedeckungen eingearbeitet. "Jean-Paul Gaultier hat schon die Schneiderateliers in Rio besucht, um sich zu inspirieren. Und der Designer, bei dem ich mein Kostüm machen lasse, wird der Gaultier des Karnevals von Rio genannt. Dort wird alles von Hand gemacht. Das sind Dutzende Arbeitsstunden - ob für Hosen, Oberteile oder Kopfbedeckungen. Alles was aus diesem Atelier kommt ist Haute Couture", so Taillard.
Im Gegensatz zu dem Bild, das die europäischen Medien vom Karneval in Rio vermitteln, ist es nur eine kleine Gruppe von Sambatänzerinnen, die leicht bekleidet ist. Die meisten Teilnehmer müssen bis zu 30 Kilo schwere Kostüme tragen. "Es ist sehr heiß. Gott sei Dank geht der Umzug nachts. Aber die Teilnehmer sind mit sehr viel Stoff bekleidet. Darüber wundern sich die Ausstellungsbesucher immer. Denn das Bild vom Karneval in Rio ist immer das von unbekleideten Damen."
Alain Taillard darf mittlerweile ganz vorne mitmachen - oder besser gesagt ganz oben. Dort thront er auf den bis zu 18 Meter hohen Prunkwagen, wie Videos und Fotos in der Ausstellung dokumentieren. Er ist einer der so genannten Destaques. "Wir sind die Hauptfiguren der Samba-Schule. Im Fernsehen erscheinen nur wir mit Namen. Wenn wir irgendwo als Destaque einer großen Schule wie der meinen vorgestellt werden, feiern uns die Leute wie die Stars."
Zur Eröffnung der Olympischen Spiele reist Alain Taillard nicht nach Rio, obwohl seine Samba-Schule dabei sein wird. Er spart Geld und Zeit lieber für den nächsten Karneval. Dann macht er wieder mit. "Natürlich. Ich freue mich schon. Mein Kostüm kenne ich noch nicht, erst im September. Aber ich bin jetzt schon ganz gespannt auf den Karneval 2017."
Die Ausstellung über den Karneval von Rio mit der Kostüm-Sammlung von Alain Taillard ist noch bis zum 18. September im Malmundarium zu sehen.
Text und Bilder: Michaela Brück/BRF