Vergessen sind die mörderischen Anschläge natürlich noch lange nicht. Aber das Leben geht weiter - und es muss auch weitergehen, so der Tenor von Premierminister Charles Michel und dem Brüsseler Ministerpräsidenten Rudi Vervoort. Deshalb lautete die Hauptbotschaft von Charles Michel an die massiv anwesende internationale Presse: "In Belgien und Brüssel kehrt der Alltag wieder ein".
Brüssels Ministerpräsident Rudi Vervoort hatte die gute Nachricht für das U-Bahn-Netz der Hauptstadt im Gepäck: "Ziel ist es, ab nächster Woche wieder alle Haltestellen anzufahren: das gesamte Netz zu befahren - und zwar von morgens früh bis abends spät."
Polizei und Militär seien dabei, weitere Kapazitäten frei zu schaufeln, um die Sicherheit auf dem gesamten Brüsseler Metronetz gewährleisten zu können, auch nach 19 Uhr.
Michel in der Defensive
Michel und Vervoort mussten sich von der nationalen und internationalen Presse sehr kritische Fragen gefallen lassen. Immer wieder gab es Vorwürfe zu Ermittlungspannen. Belgien sei ein schwacher Staat, hieß es. Das Molenbeek-Problem wurde mehrmals angesprochen. Premierminister Michel ging in die Defensive. Natürlich habe es Fehler gegeben. Die Anschläge seien ja der beste Beweis dafür, dass etwas schief gelaufen sei.
Allerdings wehrte er sich vehement gegen den Vorwurf, dass Belgien als einziges Land versagt hätte. Belgien habe längst nicht alles falsch gemacht. Als dann erneut die Frage nach dem gescheiterten Staat gestellt wurde, platze Michel irgendwann der Kragen. "Für die Festnahme von Salah Abdeslam hat die Polizei nur wenige Monate gebraucht. Die Suche nach Osama Bin Laden nach dem 11. September 2001 hat dagegen zehn Jahre gedauert", entgegnete Michel.
Der Vergleich hinkt zwar, aber was Michel sagen wollte: In Belgien läuft nicht alles schief. Die internationale Presse konnte Michel damit aber gar nicht oder nur zum Teil überzeugen. Die Journalisten haben weiter große Zweifel an der Effizienz der belgischen Behörden.
Zusammenarbeit statt Zusammenlegung
Auch in Sachen komplizierte Struktur des belgischen Staates konnte Michel seinen Kritikern nur teilweise den Wind aus den Segeln nehmen. Er drehte die Argumentation einfach um und erklärte, der komplizierte Aufbau der Region Brüssel sei mit Sicherheit nicht der Grund, warum die Bomben vor zwei Wochen hochgegangen sind. Auch nicht die sechs Polizeizonen auf dem Gebiet der Hauptstadt.
Es gebe zwar keine Tabus, was eine Fusion betrifft. Trotzdem müsse man ihm erst einmal erklären, inwiefern eine Zusammenlegung die Anschläge in Zaventem oder Maelbeek verhindert hätten. Eine weitere Staatsreform werde wohl kein Zaubermittel sein, um alle Probleme zu lösen.
Deswegen fordert der Premierminister mehr und bessere Zusammenarbeit: zwischen den Sicherheitsdiensten, zwischen den belgischen Teilstaaten und der föderalen Ebene. Und auch zwischen Europas Mitgliedsstaaten.
Alain Kniebs - Bild: Bruno Fahy/BELGA