Nach Weihnachten ist vor Silvester, viele freuen sich auf den Jahreswechsel. Die Rettungskräfte in verschiedenen Großstädten freuen sich hingegen nicht, denn gerade letztes Jahr sind die Feierlichkeiten mancherorts aus dem Ruder gelaufen.
Allein in Brüssel gab es viele Krawalle. Randalierer haben die Feuerwehr mit Molotowcocktails beworfen, Straßenbahnen mit Feuerwerkskörpern beschossen und Barrikaden aus brennenden E-Bikes und E-Scootern errichtet. Fast 600 Einsätze gab es für die Feuerwehr, knapp 160 Festnahmen, dutzende ausgebrannte Autos.
Was wohl am schlimmsten ist: Rettungskräfte wurden gezielt von Krawallmachern angegriffen, zum Teil auch mit Feuerwerkskörpern. Da ist es fast schon ein Wunder, dass es nur zwei Leichtverletzte gab. Die Feuerwehrleute in Brüssel sagen auch, dass sie nicht besonders motiviert seien, in dieser Nacht zu arbeiten. Es war einfach zu schlimm.
Was dieses Jahr besser laufen soll
Die Polizeizonen in Brüssel stocken ihr Personal in der Silvesternacht auf. Man wolle auch Rettungsdienste bei den Einsätzen begleiten, wenn das nötig scheint. Außerdem sind privates Feuerwerk und E-Scooter in den Straßen verboten.
Anders als letztes Jahr gibt es aber keine Ausgangssperre für unter 16-Jährige aus Problemvierteln. Trotzdem haben sechs Personen vorsorglich Hausarrest erhalten. Sie dürfen Silvester nicht auf die Straße, weil man befürchtet, dass sie dort Unfrieden stiften.
Krawalle auch in Antwerpen
Letztes Jahr hatte Antwerpen auf einen vorsorglichen Hausarrest gesetzt. Er galt dort für über 50 Personen. Einige von ihnen haben sich nicht daran gehalten, waren trotzdem unterwegs und sind erwischt worden.
Auch in Antwerpen verlief die letzte Silvesternacht unruhig mit Krawallen und brennenden Mülleimern. Viele Rettungskräfte hoffen daher auf Regen in der Nacht auf Neujahr. Schlechtes Wetter scheint das einzige zu sein, das die Lage entschärft.
Lust am Krawallmachen
Zwei Kriminologen versuchen am Montag in Het Laatste Nieuws zu erklären, woher die Lust am Krawallmachen kommt. Zum einen gebe es eine allgemeine Unzufriedenheit unter Jugendlichen in Problemvierteln. Sie hätten "die Nase voll von Staat und Gesellschaft". Rettungskräfte seien dann diejenigen, die stellvertretend für Staat und Gesellschaft den Kopf hinhalten müssen - im wahrsten Sinne des Wortes.
Kriminalität entsteht, wenn drei Dinge zusammenkommen, wie die Experten erklären: ein motivierter Täter, ein geeignetes Ziel und das Fehlen eines "Überwachers". Diese drei Faktoren kommen Silvester zusammen, weil besonders viele Menschen in losen Gruppen auf der Straße feiern und die Polizei nicht überall sein kann. Silvester bildet nicht den einzigen Anlass. Man erinnere sich an die Ausschreitungen in großen Städten etwa bei Fußballspielen von Europa- oder Weltmeisterschaften.
Um der Lage Herr zu werden, setzen die Kriminologen vor allem auf Prävention. Früher seien es die Familien gewesen, die jugendliche Krawallmacher noch in Schach gehalten hätten, das fehle heute oft. Auch Streetworker könnten einiges auffangen, davon brauche es eher mehr als weniger. Aber deren Arbeit beginne nicht drei Wochen vor Silvester, sie sei ganzjährig nötig.
hln/okr