Schon in den vergangenen Wochen hatten sich zumindest einige Kammerabgeordnete bei Expertenanhörungen im Ausschuss für Wissenschaft und Technik informiert. Die Pflicht hatten sie also schon hinter sich gebracht. Am Donnerstag folgte dann die Kür: ein fast einstimmiger Lobgesang auf die Bewerbung der Euregio Maas-Rhein als Standort für das Einstein-Teleskop.
"Ich muss zugeben, dass die Resolution, die hier vorliegt, mein Herz aus verschiedenen Gründen schneller schlagen lässt", sagte direkt als erste Rednerin Frieda Gijbels von der N-VA. Von dem Projekt Einstein-Teleskop erhofft sich die Politikerin aus Bree in der Provinz Limburg nämlich, dass Grenzen erweitert würden: "Im übertragenen Sinne die Grenzen unseres Wissens und wörtlich die Grenzen im Dreiländereck. Wo die Niederlande, Deutschland und Belgien zusammentreffen, wo Flandern und die Wallonie aneinandergrenzen, und wo die Provinzen Lüttich und Limburg wieder zusammenfinden können."
Beim Einstein-Teleskop handelt es sich um ein langjähriges Forschungsprojekt. Mit dem Teleskop sollen Gravitationswellen gemessen werden, 200 bis 300 Meter unter der Erde. Die Messungen sollen Auskunft geben über die Beschaffenheit unseres Planeten und des Weltalls ganz grundsätzlich. Die Resolution, die am Donnerstag zur Abstimmung vorgelegt wurde, "unterstreicht die Vorteile, die der Standort in der Euregio im Vergleich zu seinen Konkurrenten hat." Das sagte der Lütticher MR-Politiker Daniel Bacquelaine. Und er fasste diese Vorteile zusammen: eine stabile geologische Situation, ein reiches universitäres Netzwerk, ein innovatives wirtschaftliches Umfeld und gute diplomatische Beziehungen zwischen den Partnerregionen.
Neben der Euregio Maas-Rhein bewerben sich auch noch Sardinien in Italien, die Lausitz in Deutschland und Ungarn um den Standort des Einstein-Teleskops. Der Vlaams-Belang-Politiker Dieter Keuten sieht vor allem Sardinien und die Lausitz zurzeit besser aufgestellt als die Euregio. Vieles sei da schon entschieden, wo in der Euregio noch gezögert werde. Keuten wollte die Resolution deshalb noch mit Zusätzen erweitern, um die Bewerbung der Euregio zu stärken.
Die Ablehnung dieses Vorschlags – wahrscheinlich aus grundsätzlicher Ablehnung von Vorschlägen des Vlaams Belang – war der einzige Misston im Lobgesang auf die Bewerbung. Da wurden Redner von fast allen Fraktionen nicht müde, die Vorteile des Projekts hervorzuheben. Nur PTB und Défi meldeten sich nicht zu Wort.
Steven Coenegrachts von der OpenVLD hob die Wirtschaftlichkeit hervor. "Die Zahlen lügen nicht", sagte er mit einem Verweis auf das, was er zuvor im Ausschuss von Experten gehört hatte. "Jeden Euro, der in das Einstein-Teleskop investiert wird, bekommen wir mit dem Faktor 3,4 zurückbezahlt. Jeder Euro erwirtschaftet also 3,4 Euro." Arbeitsplätze würden entstehen, Unternehmen würden sich ansiedeln, die Euregio und damit Belgien in den Mittelpunkt des Interesses vieler Forscher aus der ganzen Welt rücken.
"Dieses Projekt ist eine Chance für unsere Region, für unser Land und unsere wissenschaftliche Zukunft", fasste es der PS-Politiker Dimitri Legasse zusammen. Dass die Resolution dann später ohne Gegenstimme und Enthaltung angenommen wurde, lag da bereits in der Luft. Womit die Regierung von Bart De Wever jetzt dazu aufgerufen ist, die Bewerbung der Euregio als Standort des Einstein-Teleskops zu fördern.
Kay Wagner