Eines der großen Versprechen der Regierung De Wever war und ist die Schaffung von Arbeitsplätzen. Angesichts der großen Zahl kleiner und mittelgroßer Betriebe überrascht es auch nicht, dass diese Art von Unternehmen mit weniger als 250 Angestellten auch den Löwenanteil der Arbeitgeber im Privatsektor darstellen. In dieser Hinsicht ist es legitim, dass Föderalministerin Eléonore Simonet selbstbewusst die Bedeutung ihres Ressorts im Interview mit der RTBF hervorhebt.
Eine Wirtschaftspolitik ohne die Kleinen und Mittleren Unternehmen machen zu wollen, wäre einfach eine schlechte Idee, um nicht zu sagen ein kapitaler Fehler, so Simonet gleich mehrfach. Als Mitglied der frankophonen Liberalen lässt sie es sich natürlich auch nicht nehmen, auf das "historische" Regierungsabkommen zu verweisen, das "zu 100 Prozent unternehmensfreundlich" sei und voll auf den Unternehmergeist und die Wettbewerbsfähigkeit setze - mit eben auch einem besonderen KMU-Fokus.
Die Regierung wolle die kleinen und mittleren Betriebe zu Hauptakteuren der belgischen Wirtschaft machen, unterstreicht Simonet. Deshalb müssten die Menschen hinter diesen Betrieben auch absolut stärker unterstützt werden. Denn diese Menschen nähmen Risiken und würden Arbeitsplätze und Wohlstand schaffen. Diese Unterstützung müsse auch konstant sein - von der Starthilfe beim Gründen von Unternehmen über Begleitung und Hilfe beispielsweise im Krankheitsfall bis hin zu einer besseren Absicherung in puncto Rente, so die Ministerin sinngemäß.
Drei weitere Schwerpunkte für Simonet sind die Bekämpfung stark gestiegener Energierechnungen, die hohe Steuerlast und der Arbeitskräftemangel. All das werde von der Wirtschaft schon seit Langem beklagt, betont Simonet, und die Regierung sei auch bereits dabei, Gegenmaßnahmen zu ergreifen.
Auf flexibleren Arbeitsmarkt setzen
Was den Arbeitskräftemangel betrifft, will die MR-Ministerin vor allem auf einen flexibleren Arbeitsmarkt setzen. Konkret bedeute das mehr Freiheit für Unternehmer bei Öffnungs- und Arbeitszeiten, die Ausweitung von Flexi-Jobs auf alle Sektoren und die Möglichkeit für Studenten, nebenher bis zu 650 Stunden pro Jahr arbeiten zu können.
Auf Kritik von unter anderem den Gewerkschaften, dass diese Maßnahmen neue Arbeitsplätze vor allem in Form von prekären Arbeitsverhältnissen schaffen würden, wollte die Ministerin nicht explizit eingehen. Auf einen anderen Punkt allerdings schon: die Absenkung des Mindestalters für Studentenjobs von früher 16 auf jetzt 15 Jahre. Es werde keine Pflicht eingeführt, mehr Stunden und ab einem jüngeren Alter zu arbeiten, sondern nur eine Möglichkeit geschaffen.
Gleichstellung von Frauen und Männern
Simonet hat aber noch eine spezifische Bevölkerungsgruppe im Visier: die Frauen. Von hundert Selbstständigen seien nur 36 Frauen - obwohl Frauen 47 Prozent der arbeitenden Bevölkerung repräsentierten. Sie sei deshalb fest davon überzeugt, dass Belgien in puncto Gleichstellung von Frauen und Männern ein Vorbild werden könne und müsse.
Dafür seien verschiedene föderale Initiativen geplant, zählt Simonet auf, etwa besseres Networking für Unternehmerinnen, Mentorenprojekte oder auch eine entsprechende Sensibilisierung von Banken und Investoren. Außerdem werde die Befreiung von Sozialabgaben für frischgebackene Mütter ab 2026 verlängert bis zum zweiten Trimester, ohne dass dies negative Folgen für die Rente hat.
Auf einen anderen Punkt wollte die MR-Ministerin trotz Nachfrage allerdings nicht eingehen: auf die Frage einer Frauenquote in Führungspositionen.
Boris Schmidt