Wie der belgische digitale Ausweis aussehen wird, darüber kann man im Augenblick nur spekulieren. Denn noch hat das Innenministerium keinen Prototyp fertig, den es hätte vorstellen können. Aber sein Ministerium sei vollauf beschäftigt mit den technischen Aspekten des Projekts, versichert Innenminister Bernard Quintin der VRT. Das hat auch einen guten Grund: Viel Zeit bleibt den Entwicklern nicht.
Die entsprechende Europäische Richtlinie lege fest, dass die Deadline für den digitalen Ausweis November 2026 sei. Denn beim digitalen Ausweis handelt es sich keinesfalls um einen belgischen Alleingang, es ist eine europäische Initiative. Laut einer Umfrage geben etwa sechs von zehn Europäern an, einen digitalen Ausweis beantragen und nutzen zu wollen. Das überrascht auch wenig, denn schließlich soll der digitale Ausweis das Leben vereinfachen.
Im Prinzip soll der digitale Ausweis mindestens die gleichen Funktionen wie die aktuelle Plastikkarte haben. Das heißt, man soll sich damit ausweisen können, man soll damit reisen können, wenn auch nur in Schengenländer, man soll damit durch die Kontrolle am Flughafen kommen, bei Minderjährigen soll er als Altersnachweis dienen und zumindest Erwachsene sollen damit auch Dokumente digital unterschreiben können - ltzteres sowohl vor Ort bei einer Behörde, aber auch von zu Hause aus über den Rechner.
Digitale Brieftasche
Streng genommen ist der Ausdruck "digitaler Ausweis" auch etwas kurz gegriffen, denn eigentlich geht es um eine ganze digitale Brieftasche. Das Ziel einer solchen App, denn um nichts anderes handelt es sich im Kern beim digitalen Ausweis, sei, alle Karten in der Brieftasche zu ersetzen, erläutert Bart Preneel, Professor für Cybersicherheit an der Universität Leuven. Ein großer Vorteil der geplanten App sei, dass sie nicht nur als digitaler Ausweis genutzt werden könne, sondern auch als digitaler Führerschein, für Bordkarten, vielleicht auch als digitale Gesundheitskarte.
Ein ganzer Haufen potenziell hochsensibler Informationen also. Deswegen ist Sicherheit natürlich ein zentraler Punkt. Man sei sich bewusst, dass man in einer Welt voller Cyberkrimineller lebe, betont Innenminister Quintin. Eine Welt, in der man es nicht nur mit gewöhnlichen Verbrechern zu tun habe, sondern manchmal auch mit feindlich gesinnten Staaten. Aber es gebe auch Systeme, um solche Cyberangriffe abzuwehren.
Sicherheitschips
Das ist zunächst einmal die Hardware der Smartphones selbst. Die Telefone enthielten Sicherheitschips, erklärt Professor Preneel, sogenannte "Secure Elements" oder "Sichere Elemente". Diese Chips kennt man in vergleichbarer Form beispielsweise auch von Bank- oder SIM-Karten. Auf diesen Sicherheitschips würden die zugehörigen digitalen Schlüssel gespeichert, sie seien besser geschützt als in einer normalen App. Deswegen soll der digitale Ausweis auch ausschließlich für Smartphones verfügbar sein.
Es gebe auch noch einige europäische Sicherheitsauflagen, so Preneel. Jede App für digitale Ausweise eines EU-Mitgliedsstaates müsse vor Inbetriebnahme einen entsprechenden Zertifizierungsprozess durchlaufen. Dabei werde unter anderem nach möglichen Schwachstellen gesucht. Apps, die hierbei durchfielen, würden von der EU kein grünes Licht bekommen.
Eines sollte man zum Ende aber trotzdem noch unterstreichen. Beide Systeme - sowohl die Plastikkarte als auch der neue digitale Ausweis - werden parallel zueinander existieren, hebt Innenminister Quintin hervor. Wer nicht will, wird auch keinen digitalen Ausweis beantragen und nutzen müssen. Noch eine wichtige Information: Der digitale Ausweis soll kostenlos sein.
Boris Schmmidt