Es ist eigentlich kaum zu glauben, wie harmonisch am Montag alles abgelaufen sein muss, wenn es wirklich so war, wie die Beteiligten es nach außen hin darstellen. Fast schon exemplarisch muss es demnach gewesen sein, wie die neue Föderalministerin für öffentliche Unternehmen, Vanessa Matz von Les Engagés, ihre Gespräche sowohl mit der Führung von Bpost als auch mit Gewerkschaftsvertretern geführt hat.
Letztere waren nach dem Treffen mit Matz guter Dinge. Die Ministerin habe ihnen zugehört. Nicht nur eine Stunde, wie eigentlich geplant, sondern sogar zwei Stunden - weil das Gespräch so gut war und die Ministerin sich die Zeit genommen habe. Sie habe verstanden, worum es den Gewerkschaften gehe, und es sei ihr gelungen, Öl in die blockierten Zahnräder der Verhandlungen zu gießen.
Daumen nach oben also - das ist nicht immer so, wenn sich Gewerkschaftsvertreter mit Mitgliedern der Regierungsparteien treffen. "Die Gewerkschaften haben mir gesagt, dass sie sich sehr wohl der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens bewusst sind und dass sie dem Unternehmen nicht schaden wollen. Aber sie möchten auch - und das ist ganz normal -, dass alle Arbeitnehmer mit ihrer Arbeit respektiert werden", fasste Matz selbst noch am Montagabend bei der RTBF den Austausch zusammen.
Aus diesen Worten lässt sich erkennen, dass Matz bei den Gesprächen vor allem eines gemacht hat: zuhören und versuchen zu verstehen. Oft ist das der erste Schritt, in einem Konflikt zwischen zwei Parteien erfolgreich zu vermitteln. Matz scheint das gelungen zu sein.
Briefträger Herzstück des Unternehmens
Die Vertreter der Leitung von Bpost hatte Matz am Montag noch vor den Gewerkschaften empfangen. "Ich habe von der Unternehmensleitung gehört, dass die Briefträger natürlich das Herzstück des Unternehmens seien und man sie auf keinen Fall schlecht behandeln wolle. Aber die Briefträger müssten Verständnis für die wirtschaftlichen Zwänge haben, die vor allem aus der Konkurrenz am Markt entstehen."
Alles also schon fast in trockenen Tüchern? Der Streit zwischen Gewerkschaften und der Leitung von Bpost schon quasi beendet - und damit auch der Streik? "Das sehen wir morgen. Ich habe sie auf jeden Fall dazu aufgefordert, sich morgen wieder an einen Tisch zu setzen, um eine Lösung zu finden, mit der beide Seiten zufrieden sein können", sagte Matz am Montag.
Noch kein weißer Rauch, aber immerhin neue Gespräche bei Bpost - und eine Ministerin Matz, die sowohl bei Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern von Bpost einen guten Eindruck hinterlassen haben dürfte und damit einen guten Start in ihre neue Arbeit hingelegt hat.
Kay Wagner