Eines vorweg: Die WHO sagt nicht, dass Lebensmittel, die Aspartam enthalten, sicher Krebs verursachen. Die WHO sagt, dass der Süßstoff unter Umständen bei Menschen Krebs auslösen kann - aber in den üblichen konsumierten Mengen dürfte er kein Problem darstellen.
Tatsächlich ist die Studienlage zum Krebsrisiko nicht eindeutig - obwohl seit Jahrzehnten dazu geforscht wird. Denn Süßstoffe stehen schon länger in der Kritik.
Allgemein gilt bisher: Die Dosis macht das Gift. Es gibt eine empfohlene Tageshöchstmenge, die wir nicht überschreiten sollten. Dem stimmt auch Alfred Bernard, Toxikologe an der Universität Löwen (UCL) zu. In einem Interview mit der Zeitung L'Avenir ordnet er die Einteilung "potenziell krebserregend" der WHO ein. In derselben Kategorie sind auch Wurstwaren zu finden, ebenso Acrylamid, das bei der Zubereitung von Fritten und Gebäck entsteht.
Wie stehen die Chancen für ein EU-weites Verbot von Aspartam?
Ein baldiges Verbot von Aspartam ist wohl eher unwahrscheinlich. Bislang hat die Europäische Agentur für Lebensmittelsicherheit (EFSA) keinen Handlungsbedarf gesehen und verweist darauf, dass es keine eindeutigen Studien zum Gesundheitsrisiko gibt.
Die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch in Deutschland und die Krebsliga in Frankreich fordern die Politik zum Handeln auf. Im Sinne des EU-Vorsorgeprinzips müsse die Gesundheit der Verbraucher geschützt werden, heißt es. Aspartam müsse die Zulassung in Europa entzogen werden - nicht nur weil die WHO das Süßungsmittel als "potenziell krebserregend" eingestuft habe.
Um ihre Argumente zu untermauern, haben Foodwatch und Krebsliga Anfang dieses Monats eine Petition gestartet, die bis heute schon mehr als 16.000 Menschen unterschrieben haben.
Studien sind nicht eindeutig - weshalb trotzdem die Forderung eines Verbots?
Foodwatch kritisiert, wie die Studien zustande gekommen sind. Es gebe wissenschaftliche Mängel, heißt es. So habe sich die WHO bei der Risikobewertung zu stark auf von der Industrie finanzierte Studien verlassen. Außerdem könne sich Aspartam auch auf andere Weise negativ auf die Gesundheit auswirken - etwa auf den Appetit und die Darmflora.
Es gibt tatsächlich Studien, die belegen, dass der Süßstoff, wenn man ihn lange und in großen Mengen zu sich nimmt, Übergewicht und das Risiko für Typ-2-Diabetes fördern kann. Dafür müsste ein Erwachsener allerdings eine Menge von zum Beispiel sieben Litern Diät-Limonade trinken - was absurd sei, sagt Patrick Mullie, Ernährungsexperte an der Freien Universität Brüssel (VUB). In der Menge sei auch Wasser giftig.
Zusammenfassend kann man sagen: Der Wirrwarr um Aspartam bleibt groß. Es gibt keine eindeutige Empfehlung, gänzlich auf Süßstoffe wie Aspartam zu verzichten. Stattdessen wird Zurückhaltung empfohlen. Was wir auf keinen Fall tun sollten, ist, von Süßstoff auf Zucker umzusteigen - denn, so sagt Toxikologe Alfred Bernard von der Uni Löwen: "Zucker ist das echte Gift".
avenir/foodwatch/rtbf/vrt