Noch bevor De Wever mit seiner Regierungserklärung beginnen konnte, versuchten die Oppositionsparteien in der Kammer schon einmal ihre Muskeln spielen zu lassen. Sowohl Redner von PS als auch PTB, den Grünen, OpenVLD und Vlaams Belang beklagten mehrmals und inständig, dass ihnen weder der Koalitionsvertrag selbst, noch die Tabellen für die Finanzierung all der Maßnahmen vorliegen würden, über die der Premier jetzt reden wolle.
Doch alles insistieren halft nichts. Weder Programm noch Zahlen gab es vor der Rede. Begünstigt sicher auch durch die Tatsache, dass der Kammerpräsident Peter De Roover ist, also ein Mitglied der N-VA, und sein eigener Parteichef jetzt Belgiens Premierminister ist.
Bart De Wever gab sich von der ganzen Diskussion unbeeindruckt. Weder überheblich noch aufgeregt, sondern eher wie jemand, der in sich ruht und weiß, dass er Sinnvolles zu berichten hat - so stand er gut 20 Minuten hinter dem Rednerpult und sprach über das, was er mit seiner Arizona-Koalition mit Belgien vor hat.
Er benutzte dafür ein Bild. "Die Reise, die uns erwartet, hat nichts mit einem gemütlichen Gesundheitsspaziergang zu tun, sondern gleicht eher dem Erklimmen eines schwer zu besteigenden Berges. Aber auf diejenigen, die sich die Mühe geben werden, bis zum Gipfel zu gelangen, wird ein herrlichen Ausblick warten.“
De Wever betonte auch, dass das Regierungsprogramm kein Alleingang irgendeiner Partei sei oder der Parteien lediglich einer der beiden großen Sprachgruppe des Landes. "Erstmals in 16 Jahren wird in diesem Parlament ein Koalitionsvertrag zur Abstimmung vorliegen, der die Ambition hat, die Unterstützung zu bekommen von einer demokratischen Mehrheit aus beiden großen Sprachgruppen des Landes."
"Respekt für jeden Teil unseres Landes ist ein wichtiger Pfeiler dieses Vertrags", auch das sagte De Wever. Vielleicht auch bewusst, um zu zeigen: Er, der flämische Nationalist, will sich als Premier mit seiner Mannschaft bewusst für ganz Belgien einsetzen. Strukturelle Maßnahmen wären dabei das A und O, mit denen Belgien wieder auf Kurs kommen solle. Das brauche Zeit, verlange auch Opfer, sei aber eben nötig, um den Gipfel zu erklimmen.
Nachdem De Wever eine Reihe der einzelnen Maßnahmen vorgestellt hatte - zum Beispiel die Beibehaltung des Index, die Aufwertung der Arbeit, die Unterstützung von energieintensiven Unternehmen, die Fusion der Polizeizonen in Brüssel - fasste er zum Schluss alles in folgende Worte zusammen: "Sie haben vor sich einen Koalitionsvertrag, der unsere öffentlichen Ausgaben saniert und die Finanzierung unserer Sozialversicherungssysteme gewährleistet, der Priorität gibt an unsere internationalen Engagements in Sachen Militär und Klima. Ein Vertrag, durch den sich Arbeit bezahlt macht und der die Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie stärkt."
Es sei ein Koalitionsvertrag, "der unsere Bürger schützt gegen innere und äußere Bedrohungen. Der die Einwanderungspolitik verschärft und versucht, das Potenzial unserer Bürger und Unternehmen zu maximieren."
Für dieses Programm seiner Koalition warb De Wever zum Schluss um das Vertrauen der Abgeordneten. Er formulierte das nicht nur auf Niederländisch und Französisch, sondern auch auf Deutsch: "Ich bitte Sie um Vertrauen, um gemeinsam mit meinem Regierungsteam diesen Koalitionsvertrag umzusetzen. Ich danke Ihnen."
Kay Wagner