Er sei froh, sich mit seiner brandneuen Regierungsmannschaft vorstellen zu können, begann Premier Bart De Wever - auf Französisch - seine Rede an das Königspaar und die hohen Amtsträger. Es sei die erste Regierung in 16 Jahren, die auf beiden Seiten der Sprachgrenze demokratische Unterstützung genieße.
Dieses starke demokratische Mandat müsse in Antworten verwandelt werden auf die großen und zahlreichen Herausforderungen unserer Zeit wie Haushaltsdefizit, hohe Steuern, fehlende Arbeitsmotivation, Arbeitskräftemangel, Vergreisung, Druck auf Renten- und Sozialsystem, unkontrollierte Migrantenströme, Energieversorgung. Und das seien nur die nationalen Herausforderungen, denn da sei auch noch der aktuelle geopolitische Kontext.
De Wever ging aber auch auf die langwierigen Regierungsverhandlungen ein. Das habe man nicht zum Spaß getan, es sei aber schließlich um wichtige Entscheidungen gegangen, die alle Bürger des Landes beträfen. Die Regierung werde diese schwierigen Knoten durchhacken, aber dabei die Menschen nicht aus den Augen verlieren, versprach De Wever einen robusten Kurs, um das Land wieder auf Vordermann zu bringen.
Er vergaß auch nicht Verteidigung und internationale Klimaziele - auch hier werde Belgien seinen Beitrag leisten müssen. Man könne sich der Verantwortung von morgen nicht entziehen, indem man sie heute umgehe, appellierte der Premier in allen Landessprachen.
Im Namen der Regierung wünschte De Wever seinen Zuhörern ein Jahr, in dem die politischen Verantwortungsträger des Landes nicht den Kopf in den Sand steckten, sondern tatkräftig ans Werk gingen, um den Wohlstand und die Zukunft der Bürgerinnen und Bürger zu sichern.
Welt wird durcheinandergewirbelt
Die besten Wünsche zum Beginn der neuen Legislatur für die neue Regierung und Dank an die abtretende Regierung für die geleistete Arbeit, so leitete dann König Philippe seine Ansprache ein. Auch er ging unmittelbar zu den aktuellen Herausforderungen über. Die Welt werde gerade gehörig durcheinandergewirbelt: Die Pfeiler der Nachkriegsordnung wie Achtung der nationalen Souveränität und des internationalen Rechts, fairer Handel und Multilateralismus stünden schwer unter Druck. Umso wichtiger sei es, das zu bewahren, was Europa und Belgien stark mache.
Zusammenarbeit und Einheit in Vielfalt: Diese Fundamente hätten sich bewährt und würden sich auch künftig bewähren, gab sich der König überzeugt. Aber er mahnte auch: Wachsamkeit sei geboten angesichts der Tatsache, dass gewisse Großmächte versuchten, ihre Vorstellungen einseitig durchzusetzen. Europa, lange eine Oase des Friedens und des Wohlstands, sei mittlerweile sowohl militärisch als auch wirtschaftlich bedroht. Die Verteidigung des Staatsgebiets und Gesellschaftsmodells sei eine gemeinsame Verantwortung aller EU-Staaten - denn ohne Sicherheit könne es kein Leben in Freiheit geben. In dem Sinne müsse also auch Belgien seinen Beitrag leisten.
Der König ging aber auch auf die noch immer hoffnungslos feststeckenden Regierungsverhandlungen in der Region Brüssel-Hauptstadt ein, auf die Notwendigkeit von Kompromissen und der Unterstützung und Stärkung der heimischen Wirtschaft, von Investitionen in Forschung und Entwicklung. Philippe sprach auch das Gefühl der Unsicherheit an, das viele Menschen gerade in Großstädten hätten. Die Bürger erwarteten von ihren gewählten Vertretern, dass sie mit Entschlossenheit und im Geiste der Zusammenarbeit eine wirksame Politik entwickelten und umsetzten - so komplex diese Aufgabe auch sein möge.
Er sei überzeugt, dass die neue Regierungsmannschaft darauf bedacht sein werde, unterstrich der König. Im Vertrauen in eine Zukunft, die auf Inklusion und Partizipation aufbaue, wünsche er den Menschen, auch im Namen der Königin und der gesamten königlichen Familie, alles Gute für das Neue Jahr.
Boris Schmidt