Regierungsbildner Bart De Wever hatte sich ursprünglich für Schloss Val Duchesse als Tagungsort entschieden, weil es sich um ein geschichtsträchtiges Gebäude handelt, in dem schon eine ganze Reihe von wichtigen politischen Abkommen besiegelt wurde. In den 1950er Jahren wurden dort die vorbereitenden Gespräche abgehalten, die später zur Gründung der heutigen EU führten. Auch die Sprachengrenze wurde 1963 dort gezogen.
Später nutzte auch der damalige Premierminister Jean-Luc Dehaene das geschichtsträchtige Gebäude, etwa um den sogenannten Globalplan auszubaldowern, der Belgien damals fit für den Euro machen sollte. Und es gibt auch pikante Anekdoten: 2004 ließ der libysche Diktator Muammar al-Gaddafi im Garten von Schloss Val Duchesse sein Beduinenzelt aufbauen.
Ein Zelt wäre anscheinend im Moment wohl die einzig mögliche Art und Weise, um die ehrwürdige Kulisse zu nutzen. Denn das Schloss an sich sei ungeeignet für längere Verhandlungen, heißt es. Die Heizung verweigere ihren Dienst, die sanitären Anlagen seien in einem traurigen Zustand. Deswegen werden die Vertreter der fünf Parteien ab Mittwoch in den Räumlichkeiten der Königlichen Militärakademie tagen.
Vielleicht ist es auch besser so: In jüngerer Vergangenheit stand Schloss Val Duchesse auch für den einen oder anderen politischen Rückschlag. Yves Leterme scheiterte dort 2007 mit dem Versuch, die sogenannte "orange-blaue" Regierung zu bilden.
In den nächsten Tagen stehen bei den Verhandlungen zur Bildung einer neuen Föderalregierung die besonders schwierigen Punkte Staatshaushalt und sozialwirtschaftliche Themen auf der Tagesordnung. Für eine Einigung haben die Parteien bis Freitag Zeit. Dann läuft die Frist ab, die sie sich selbst auferlegt haben.
Regierungsbildner De Wever muss am Freitag dem König erneut Bericht erstatten. Er hatte mehrfach erklärt, nicht wieder mit leeren Händen vor dem Staatsoberhaupt erscheinen zu wollen. Sollte es keinen Fortschritt geben, will er als Regierungsbildner zurücktreten.
rop/est