Viel Empörung am Donnerstagnachmittag in der Kammer über die enthüllten Praktiken. Aber auch Häme: Die Geldwäsche-Vorwürfe gegen Didier Reynders scheinen so manchen fast schon beflügelt, jedenfalls zu ungeahnten Wortspielchen ermuntert zu haben.
"Wie lautete noch ein berüchtigter Werbeslogan der Nationallotterie?", fragte sich etwa rhetorisch Stefaan Van Hecke von Ecolo-Groen. "'Werden sie skandalös reich', hieß es da doch. Nun, das scheinen einige allzu wörtlich genommen zu haben", giftete Van Hecke.
Van Hecke schien aber irgendwie fast vergessen zu haben, dass auch für Didier Reynders immer noch die Unschuldsvermutung gilt.
Sechsstellige Summe
Da war er allerdings nicht der einzige. Auch Sofie Merckx von der marxistischen PTB zog regelrecht vom Leder. Schließlich geht es hier ja - wie sie selbst betonte - um ein eminentes Mitglied der liberalen MR, ihres Zeichens Lieblingsfeind der Dunkelroten.
"20 Jahre Minister, fünf Jahre EU-Kommissar, hat der Mann noch nicht genug verdient?", zischte Merckx. "Und anscheinend lief das Ganze schon seit rund zehn Jahren. Haben da nicht die Sicherheitsriegel versagt?"
Und im vorliegenden Fall geht es nicht um "ein paar Euro Fuffzig", betont der PS-Abgeordnete Khalil Aouasti. Laut Presseberichten sprechen wir hier von einer sechsstelligen Summe, die in den letzten zehn Jahren gewaschen worden sein soll.
Nationallotterie ermöglicht Geldwäsche
Und das Ganze ausgerechnet mit Hilfe der Nationallotterie, schimpfte Jean-Marie De Decker, der regelmäßig auf die Institution schießt und wohl deswegen einen seiner epischen Wutanfälle bekam. "Die staatliche Glücksspiel-Agentur verkauft also Rubbellose, die dazu dienen können, Geld am Fiskus vorbeizuschleusen. Man scheint dabei offensichtlich mehr zu gewinnen, als man Steuer bezahlen würde."
Stellt sich also die Frage, wie weit verbreitet diese Praktiken eigentlich sind. Im Fall Reynders war es ja die Nationallotterie selbst, die die Alarmglocke gezogen hat. Und das sei der einzige Verdachtsfall dieser Art gewesen, hieß es. "Kann das sein?", fragte sich unter anderem der grüne Abgeordnete Stefaan Van Hecke.
Finanzminister unter Druck
Sie alle wollten also vom amtierenden Finanzminister wissen, was die Nationallotterie tut, um solche Praktiken zu verhindern. Sehr mitteilsam war Vincent Van Peteghem aber nicht. Er versteckte sich zunächst hinter dem Ermittlungsgeheimnis, was in seiner Rolle freilich vollkommen legitim ist. Aber auch darüber hinaus gab der CD&V-Politiker wenig Konkretes zum Besten.
In erster Linie nahm er die Nationallotterie in Schutz. Sie installiere permanent neue Sicherheitsriegel, eben um Missbrauch zu verhindern. Etwa durch die Festlegung einer Einsatz-Obergrenze oder eine Online-Identitätskontrolle. Natürlich sei nach wie vor Wachsamkeit geboten. Aber die Nationallotterie habe schließlich das auffällige Spielverhalten bemerkt und ordnungsgemäß gemeldet.
Subito-Gate
Sehr viel mehr bekamen die Abgeordneten nicht zu hören. Und das gefiel einigen von ihnen gar nicht. "Ist das alles?", tobte etwa Jean-Marie De Decker und wandte sich an Van Peteghem: "Sie sorgen am Ende noch dafür, dass die Nationallotterie jetzt einen Ansturm auf Rubbellose erlebt. Denn Reynders hat schließlich gezeigt, wie's geht."
"Nach dem Kasachgate und dem Katargate haben wir nun also den Subito-Gate. Es ist offensichtlich, dass wir in diesem Land ein Korruptionsproblem haben", giftete auch Sofie Merckx. Jetzt muss jedenfalls schnell Licht in die Affäre gebracht werden, appellierte der PS-Parlamentarier Khalil Aouasti. "Auf die Gefahr hin, dass die Nationallotterie am Ende in den Schmutz gezogen wird. Und dafür ist sie zu wichtig."
Roger Pint