Gesagt - getan. Erst vergangene Woche Donnerstag hatte Premierminister Alexander De Croo den Besuch im Stahlwerk von Gent angekündigt. Und am Dienstag fand er tatsächlich statt.
Der Betreiber des Werks, der Luxemburger Stahlriese ArcelorMittal, hat eigentlich Großes vor: Er will die Stahlproduktion umweltfreundlich gestalten. Grüner Stahl aus Gent - das waren die Pläne bis vor wenigen Wochen.
Grüner Stahl auf Eis
Doch vergangenen Monat kam die kalte Dusche - zunächst als Mitteilung an die Betriebsräte, vergangene Woche dann ganz offiziell: Die Pläne für grünen Stahl in Gent werden auf Eis gelegt.
Den Grund fasste ein Vertreter von ArcelorMittal am Dienstag noch einmal am Mikrophon der VRT zusammen.
"Wir beobachten", sagte da Geert Van Poelvoorde, "dass der europäische Markt überschwemmt wird mit subventioniertem Stahl, der zu sehr niedrigen Preisen angeboten wird. Jemand mit einer normalen Produktion kann angesichts dieser Konkurrenz nicht überleben. Europa muss seine Naivität aufgeben und etwas gegen diesen subventionierten Stahl unternehmen."
Quadratur des Kreises
Dieser subventionierte Stahl ist vor allem Stahl aus China. Um mit dem konkurrieren zu können, trotzdem die Umweltauflagen der EU umzusetzen und etwas für das Klima zu tun, das überfordert nicht nur die europäische Stahlindustrie.
Diese aber auch. Und das ist auch der Grund, warum ArcelorMittal seine Pläne für das Werk in Gent jetzt zurückgestellt hat. Und einige in Belgien sogar fürchten, dass der Stahlriese das Werk in Gent ganz schließen könnte.
Bei der EU hat man mittlerweile das Problem erkannt. Sowohl der neue Industrie-Kommissar, der Franzose Stéphane Séjourne, als auch die neue EU-Kommissarin für Wettbewerb, die Spanierin Teresa Ribera, waren nach Gent gekommen.
Dabei kündigte Ribera zwar nur allgemein, aber immerhin die Unterstützung der EU an. Sie sagte: "Kohle und Stahl standen vor Jahrzehnten ganz am Anfang des europäischen Projekts. Und heute wissen wir, dass die Energiewende, Innovationen und ein Update der grundlegenden Industriezweige in Europa im Zentrum unserer Bemühungen stehen müssen, wenn wir erfolgreich sein wollen."
Masterplan in Arbeit
Schöne Worte, die aber schon relativ bald mit Inhalt gefüllt werden sollen. Innerhalb der nächsten 100 Tage will die EU-Kommission einen neuen Masterplan vorlegen.
Der soll dann zeigen, wie die ambitionierte Klimapolitik der EU verbunden werden kann mit einer Industriepolitik, die genau den Worten von Ribera entspricht: nämlich innovativ und trotzdem darauf bedacht, die traditionellen Kernindustrien von Europa auf dem Kontinent zu halten.
Sollten die Pläne überzeugen, könnte es dann vielleicht doch noch etwas werden mit dem grünen Stahl in Gent.
Belgien bereit zur Unterstützung
Die belgische Politik zumindest steht bereit, überall da zu helfen, wo möglich. Aus verständlichen Gründen. Denn es geht nicht nur um die 5.000 Mitarbeiter im Stahlwerk selbst, sondern auch noch um rund 25.000 andere Beschäftigte in den Unternehmen, die direkt oder indirekt von der Stahlproduktion in Gent abhängen.
Seitens der Föderalregierung habe man die Pläne von ArcelorMittal immer so gut unterstützt, wie möglich, erinnerte vor Ort Noch-Premierminister Alexander De Croo.
Und die flämische Regionalregierung hat bereits 600 Millionen Euro als Darlehen bereitliegen, sagte Flanderns Ministerpräsident Matthias Diependaele. Wenn die Investitionen von ArcelorMittal tatsächlich kommen, "werden wir uns mit 600 Millionen Euro beteiligen", versprach Diependaele.
Kay Wagner