Wie überraschend selbst für Insider das Ergebnis wohl war, das kann man zum Beispiel am Botschafter der Vereinigten Staaten beim Königreich Belgien sehen, Michael M. Adler. Alle hätten eine sehr knappe Wahl erwartet, so Adler im Interview mit der RTBF, und dass es einige Tage dauern werde, bis das Ergebnis feststehe. Er sei ebenfalls erstaunt gewesen. Aber das sei eben Demokratie, so Adler, der auch sein Vertrauen in die Stärke der amerikanischen Demokratie bekräftigte.
Die Bande zwischen Belgien und den Vereinigten Staaten seien stark, versicherte der Botschafter, der auch versuchte, die Europäer insgesamt zu beruhigen. Eine Botschaft, die auch der US-Botschafter bei der Europäischen Union im Gepäck hatte. Er glaube, dass es weniger Veränderungen in den Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Europa geben werde als viele befürchteten, so Mark Gitenstein.
In jedem Fall hat die Vorsitzende der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, Trump "herzlich" zu seinem Sieg gratuliert. Die EU und die USA seien mehr als nur Verbündete, sie seien echte Partner, so von der Leyen, die Trump dazu einlud, gemeinsam an einer starken transatlantischen Agenda zu arbeiten.
Ratspräsident Charles Michel seinerseits verwies in seinen Glückwünschen auf das "dauerhafte Bündnis" und die "historischen Verbindungen" zwischen Amerika und der EU. Er freue sich auf eine Fortsetzung der konstruktiven Zusammenarbeit.
Die Vorsitzende des Europäischen Parlaments, Roberta Metsola, schrieb, dass Europa bereit sei, mit den USA zusammenzuarbeiten bei der Bewältigung nie dagewesener geopolitischer Herausforderungen. Europa und Amerika seien verbunden durch gemeinsame Werte wie Freiheit, Menschenrechte, Demokratie und offene Märkte.
Premierminister Alexander De Croo schlug sehr ähnliche Töne an: Es brauche starke Bündnisse, um die heutigen globalen Herausforderungen anzugehen und den Wohlstand der Menschen zu sichern, so De Croo auf X. In jedem Fall müsse die demokratische Entscheidung der US-Bürger respektiert werden, unterstrich Außenministerin Hadja Lahbib.
Sie sei beunruhigt, gab Innenministerin Annelies Verlinden zu. Aber sie hoffe, dass Trump nicht alles umsetze, was er ankündige. Man habe ja bereits gesehen, dass das oft zwei verschiedene Paar Schuhe seien. Trump bedeute vor allem viel Unberechenbarkeit – und das sorge für Unsicherheit, sowohl bei den Staaten als auch bei der Wirtschaft, so Verlinden in der VRT. Das unterstreiche auch einmal mehr, dass Europa und die EU-Mitgliedsstaaten eine gemeinsame Antwort finden müssten in wichtigen Bereichen.
Das ist eine Lehre, die offenbar auch diverse belgische Parteien ziehen: Europa müsse die Chance nutzen, um sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen, so etwa MR-Präsident Georges-Louis Bouchez, andere Parteivorsitzende formulierten es ähnlich. Im linken Spektrum wurde viel Bestürzung und Sorge ausgedrückt. Unverhohlene Freude über Trumps Sieg gab es derweil beim rechtsextremen Vlaams Belang.
In der belgischen Wirtschaft überwiegt hingegen eindeutig die Sorge – kein Wunder angesichts Trumps Plänen, die Einfuhrzölle auf ausländische Waren stark zu erhöhen. Das werde schwere Folgen haben für den ohnehin bereits stark unter Druck stehenden Welthandel, warnte etwa Hans Maertens, Generaldirektor des flämischen Arbeitsgeberverbands Voka, aber auch für die geschäftlichen Aktivitäten europäischer und belgischer Firmen in den Vereinigten Staaten. Man schätze, dass die von Trump angekündigte Anhebung der Zölle hierzulande ein bis anderthalb Prozent Wachstum kosten könne – und das sei schon sehr viel, so Maertens.
Auch der belgische Unternehmerverband FEB hat die EU-Staaten zur Einigkeit aufgerufen gegenüber der künftigen Trump-Administration. Hier gehe es um hunderttausende Betriebe und Arbeitsplätze auf beiden Seiten des Atlantiks, betonte der Unternehmerverband.
Boris Schmidt