Sie waren "not amused", also alles andere als begeistert vom Besuch von Papst Franziskus am vergangenen Wochenende in Belgien. Die vier Abgeordneten, alles Frauen, die mit ihren Anliegen als erste die Fragestunde in der Kammer eröffnen durften. Im Zentrum ihrer Kritik: die Äußerungen des Papstes über Frauen und zum Thema Abtreibung.
Sarah Schlitz für Ecolo-Groen eröffnete den Reigen. "Der Papst hatte offensichtlich eine doppelte Agenda für diesen offiziellen Besuch. Das ist niemandem entgangen. Sein Besuch war gespickt mit problematischen Äußerungen über Frauen und ihre Rechte."
Bei seinem Besuch an der Katholischen Universität in Neu-Löwen hatte der Papst Worte wie "fruchtbarer Empfang", "Sorgfalt", und "vitale Hingabe" benutzt, um Frauen zu charakterisieren. Wenn Frauen versuchen wollten, wie Männer zu werden, sei das nicht gut, hatte Franziskus auch noch gesagt.
Was der Papst zum Thema Abtreibung gesagt hatte, rief Katja Griebels von der OpenVLD noch einmal in Erinnerung: "'Abtreibung ist Mord und Ärzte, die den Eingriff vornehmen, sind Auftragsmörder'. Liebe Kollegen, das ist keine Meinung, das ist purer Wahnsinn."
Die Abgeordneten waren bei weitem nicht die ersten, die sich über diese Äußerungen des Papstes aufgeregt hatten. Schon sehr schnell hatte es am Wochenende scharfe Kritik sowohl von Politikern als auch gesellschaftlichen Gruppen gegeben. Die Universität in Neu-Löwen distanzierte sich offiziell von dem Bild der Frau, das Papst Franziskus in ihren Hallen entworfen hatte. So dass Sarah Schlitz heute zu Recht sagen konnte: "Diese Äußerungen des Papstes haben mich geschockt, und sie haben zahlreiche Menschen in Belgien geschockt, gleich welcher philosophischen und religiösen Überzeugung."
Und direkt an Premierminister Alexander De Croo gewandt sagte Caroline Désir von der PS: "Sie haben einen Religionsführer empfangen, der seinen Besuch instrumentalisiert hat, um seine äußerst rückwärtsgewandten und patriarchalischen Meinungen in Bezug auf Frauen zu verbreiten. Seine Worte sind eine Beleidigung für alle Frauen und ihre Freiheit. Sie beleidigen Ärzte und ihren Berufsethos. Diese Äußerungen sind widerlich. Der Papstbesuch war ein wahrer Kreuzzug gegen Frauen."
De Croo stimmte in die Schelte gegen den Papst mit ein. Zwar benutze er weniger scharfe Worte als die weiblichen Abgeordneten. Aber trotzdem klang es sehr deutlich. "Dass ein Staatsoberhaupt eines anderen Landes solche Äußerungen gemacht hat über demokratische Entscheidungen in unserem Land, ist schlicht und ergreifend inakzeptabel. Wir haben keine Belehrungen darüber nötig, welche Gesetze wir auf demokratische Weise beschließen."
Als Konsequenz aus dem Ganzen hat De Croo den Vertreter des Vatikans in Belgien, den päpstlichen Nuntius, für ein Gespräch zu sich beordert. Übrigens nicht das erste Mal, sagte De Croo zu den Kammerabgeordneten.
Kay Wagner