Langsam wird es ernst: In vier Tagen wird Papst Franziskus am Rande des Brussels Airport landen. Vier Tage soll er dann bleiben, hat Termine in Brüssel, Löwen und an der Uni in Neu-Löwen. Bei den Vertretern der katholischen Kirche ist die Vorfreude auf dieses Ereignis natürlich groß. Immerhin ist es seit Sommer 1995 das erste Mal, dass wieder ein Papst nach Belgien kommt.
"Dass so etwas jetzt wieder passiert, ist doch außergewöhnlich, sagte deshalb auch Luc Terlinden, Erzbischof im Erzbistum Brüssel-Mechelen, am Sonntag im Fernsehen der VRT. "Ich sehe viel Begeisterung darüber bei vielen Gläubigen, aber auch außerhalb unserer Kirche." Und ja, viel Begeisterung gibt es auf der einen Seite. Das König-Baudouin-Stadion in Brüssel zum Beispiel hätte am Sonntagmorgen weit mehr als die 35.000 Menschen zur Messe mit Papst Franziskus empfangen können, als von den Organisatoren vorgesehen sind.
Auf der anderen Seite gibt es aber auch viel Gleichgültigkeit unter großen Teilen der Bevölkerung. Gerade in Flandern soll sich das Interesse am Papstbesuch laut flämischen Zeitungen doch ziemlich in Grenzen halten. Auch Kritik wird geäußert, die auch Erzbischof Terlinden nicht verborgen bleibt. Verärgert gibt er sich darüber allerdings nicht. "Unterschiedliche Reaktionen - das ist normal, oder? Wir leben in einem demokratischen Staat und das müssen wir dann respektieren."
Die Zeiten hätten sich eben geändert. Als Papst Johannes-Paul II. im Juni 1995 nach Belgien gekommen sei, waren die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche noch nicht aufgedeckt. Der polnische Papst Johannes-Paul II. war ein äußerst populärer Papst für die Katholiken, die Zeiten noch nicht so von Kirchenaustritten geprägt wie heute. Der Islam spielt heute eine größere Rolle als damals.
"Das ist eine neue Ära für unsere Kirche in unserem Land, das ist klar", sagt dazu Terlinden. "Aber das ist normal aus Sicht der Kirche. Die Kirche muss das Zusammenleben nicht dominieren. Wir sind uns dessen bewusst und haben Respekt für alle anderen Religionen und Überzeugungen in unserem Zusammenleben."
Doch beim Respekt allein will Terlinden es nicht belassen. Er, der erst seit gut einem Jahr als Erzbischof im Amt ist, will mit den Kritikern der Kirche auch ins Gespräch kommen. Der Papstbesuch sei dafür ein guter Anlass, einen solchen Dialog mit der Gesellschaft zu beginnen.
Natürlich sei der Besuch in erster Linie eine Unterstützung der katholischen Kirche in Belgien selbst - aber auch die Chance für einen Neubeginn "mit mehr Transparenz, und auch mit mehr Bemühungen seitens der Kirche, um solche Sachen wie sexuellen Missbrauch zu verhindern. Das ist unsere höchste Priorität", sagt Terlinden.
Kay Wagner