Audi war der größte Fragekomplex, der auf dem Programm der Kammerabgeordneten stand. Zehn Abgeordnete aus jeweils unterschiedlichen Parteien stellten dem geschäftsführenden Wirtschafts- und Arbeitsminister Pierre-Yves Dermagne von der PS all die Fragen, die überall im Raum stehen: Wie hat es zu der Situation bei Audi kommen können? Warum hat die Regierung es nicht verhindern können, dass Audi das Werk spätestens nächstes Jahr stilllegen wird? Was will Dermagne weiter machen, um die Zukunft der rund 3.000 Beschäftigen von Audi Brüssel zu retten?
Aus einem doppelten Grund kam nichts Handfestes heraus bei der Debatte: Zum einen hatte die bisherige Föderalregierung schon viel getan, um Audi in Brüssel zu halten. Zusammen mit der Brüsseler Regionalregierung hatte die Vivaldi-Regierung - letztlich ohne Erfolg - viele Zugeständnisse an Audi gemacht. Zum anderen spielte die Tatsache eine Rolle, dass Dermagne zurzeit nur geschäftsführend im Amt ist. Dieser Umstand hemmt ihn oder er nimmt ihn als Entschuldigung, um nichts Durchgreifendes zu tun.
Der Jung-Abgeordnete Ismaël Nuino von Les Engagés sprach diesen letzten Punkt in seiner Frage auch deutlich an. "Sehen Sie sich noch als verantwortlich für die Angelegenheit?", fragte er Dermagne, "denn ich höre, dass man sagt, dass die Verantwortung jetzt bei einer potenziellen künftigen Mehrheit auf föderaler Ebene liegen würde. Aber heute sind doch sie der geschäftsführende Wirtschaftsminister, der also für die dringenden Fälle zuständig ist."
Eine Antwort bekam Nuino auf seine Frage nicht. Auf alle seine Fragen übrigens nicht. Genauso wenig, wie die meisten anderen Abgeordneten. Dermagne stimmte vielmehr in das Klagelied ein, das schon die zehn Fragesteller zuvor angestimmt hatten: Enttäuschung über die Leitung des Audiwerks, Unverständnis darüber, dass Audi ein derart modernes Werk, das die Abgeordneten gestern besucht hatten, einfach so stilllegen will. Frust darüber, dass es in Mexiko für Audi angeblich attraktiver ist als in Brüssel, neue Autos zu bauen.
"Ich bedauere, und vor allem, ich verurteile die schlimme Ankündigung, die den Mitarbeitern von Audi Forest von der Leitung von Audi gemacht worden ist“, erklärte Dermagne.
Wie viele andere zeigte sich auch der Parlaments-Frischling Nuino enttäuscht von Dermagnes Rede. "Es ist sehr wahrscheinlich deshalb, weil ich hier gerade meine Feuertaufe erlebe", sagte der junge Politiker, "aber ich möchte gerne sagen, dass ich enttäuscht bin. Denn ich habe keine Antworten auf meine Fragen erhalten."
François De Smet, einziger Abgeordneter von Défi in der Kammer, schlug in die gleiche Kerbe. "Ihre Antwort war ganz sicher etwas frustrierend", sagte De Smet an die Adresse von Dermagne. "Aber andererseits ist es auch ganz amüsant zu sehen, dass eine Reihe von Akteuren Sie kritisiert, weil Sie der geschäftsführende Minister sind. Aber das sind die gleichen, die es nicht schaffen, eine Föderalregierung zu bilden."
Würde es eine funktionierende Föderalregierung und funktionierende Regierungen in Brüssel und Flandern geben, so die These von De Smet, könne man gegenüber Audi ganz andere Töne anschlagen. "Es beginnt langsam kompliziert zu werden", sagte De Smet, "den rund 3.000 Beschäftigten von Audi, die drauf und dran sind, ihre Arbeit zu verlieren, sagen zu müssen, dass es unmöglich erscheint, bei der Bildung der drei Regierungen voranzukommen, weil man die Ergebnisse der Gemeinderatswahlen abwarten muss. Drei Regierungen, die, wenn sie richtig im Amt wären, Schlüsselakteure bei der Sache wären."
Kay Wagner