Zum ersten Mal in den 20 Jahren als Parteivorsitzender hat es De Wever zum Regierungsbildner geschafft. 2010 ernannte ihn der damalige König Albert II. zum Informator, doch nach weniger als einem Monat wurde er von dem PS-Politiker Elio Di Rupo abgelöst.
Damit erhöhen sich De Wevers Chancen, selbst Regierungschef zu werden. In der Regel übernehmen Regierungsbildner nach erfolgreicher Mission auch den Posten des Premierministers. Und De Wever leitet die Verhandlungen bislang erfolgreich.
Vooruit war bis zum Schluss die einzige Partei, die noch gezögert hatte. Vooruit ist die einzige linke Partei in dem geplanten Bündnis, das sonst von Mitte-Rechts-Parteien geprägt wird. Bart De Wever hat es allerdings geschafft, Vooruit zum Mitmachen zu bewegen.
Nächster Termin: 24. Juli
De Wever muss dem König am 24. Juli einen Zwischenbericht vorlegen. Aber niemand rechnet wirklich damit, dass dann schon die Regierung steht. Denn jetzt geht es tatsächlich um das gemeinsame Programm, auf das sich die fünf Parteien einigen müssen.
Wobei allen Parteien klar ist, dass das Haushaltsdefizit gesenkt werden muss. Und dass das langfristig nur durch Reformen möglich ist. Aber wie genau die aussehen sollen, da gehen die Meinungen auseinander.
Gerade MR und N-VA wollen auf keinen Fall die Steuern erhöhen, sondern setzen vor allem aufs Sparen. Vooruit dagegen sieht durchaus Spielraum, bei den reichen Bürgern die Steuerlast noch zu erhöhen. Dagegen wehren sich die Sozialisten vehement gegen Einsparungen im Gesundheitswesen, wie auch die CD&V und Les Engagés. MR und N-VA sehen das anders.
Und dann ist für die N-VA ja eigentlich eine Staatsreform noch sehr wichtig. Aber das stößt vor allem bei MR und Les Engagés auf wenig Gegenliebe.
Weiterer Zeitplan offen
Wie viel Zeit sich die Parteien für die Verhandlungen lassen, ist völlig offen. Von Beobachtern wird jedoch das Datum der Gemeinderatswahlen am 13. Oktober genannt. Bis dahin wäre es gut, wenn eine neue Föderalregierung stünde. Als anderes Datum wird der 20. September genannt, der ganz günstig wäre, eine neue Regierung zu haben. Denn dann will die EU-Kommission von Belgien wissen, wie Belgien mit dem großen Haushaltsdefizit umgehen möchte, um das an die EU-Normen heranzubringen.
Vieles deutet tatsächlich darauf hin, dass Bart De Wever zumindest versuchen wird, alles so rasch wie möglich in den kommenden Wochen abzuwickeln. Denn bislang hat er ja auch schon Tempo gemacht. Einen Regierungsbildner nur einem Monat nach den Wahlen, das hat es seit 20 Jahren in Belgien nicht mehr gegeben.
Außerdem wird De Wever von den anderen Parteien bescheinigt, ein guter Verhandlungsführer zu sein. Und man kann ihm zutrauen, genug Feingefühl zu haben, um letztlich auch Vooruit tatsächlich mit ins Boot einer Koalition zu holen. De Wever weiß, wie die Sozialisten ticken. Er regiert mit ihnen zusammen in Antwerpen. In Flandern soll Vooruit mit der N-VA und der CD&V die neue Regierung stellen.
Unternehmerverband reagiert positiv
Der Belgische Unternehmerverband hat positiv auf die Ernennung zum Regierungsbildner reagiert. Es sei wichtig, dass konkrete Verhandlungen beginnen könnten, sagte Geschäftsführer Pieter Timmermans. Die Ankündigung, dass noch in diesem Jahr 1.400 Arbeitsplätze am Audi-Standort in Forest wegfallen sollen, sei ein weiteres Signal dafür, dass die industrielle und wirtschaftliche Lage angespannt sei, so Timmermans.
Die nächste Regierung müsse daher Reformen zur Stärkung der Wirtschaft und der Wettbewerbsfähigkeit zu einer Priorität machen.
Dunkle Wolken über Audi Brüssel: 1.400 Arbeitsplätze fallen bis Oktober weg
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