Worum geht es eigentlich bei den Europawahlen?
Bei den Europawahlen geht es um die Wahlen für das Europäische Parlament. Das Europäische Parlament besteht aus Abgeordneten von Parteien aus allen Mitgliedsländern der EU. Das ist ein bunter Haufen von Politikern aus 27 Ländern und ganz unterschiedlichen Parteien, die sich aber im Europaparlament zu Fraktionen, zu Gruppen, zusammenschließen, in denen Abgeordnete mit mehr oder weniger gleichen politischen Vorstellungen zusammensitzen. So, wie das auch in nationalen und regionalen Parlamenten oder auch den Gemeinderäten passiert.
Welche Fraktionen gibt es im Europaparlament?
Zurzeit gibt es sieben Fraktionen: Die Bürgerlich-Konservativen haben ihre Fraktion, die zurzeit übrigens die stärkste ist und in der auch Pascal Arimont - der bisherige Europaabgeordnete der DG - sitzt. Die Sozialdemokraten haben ihre eigene Fraktion, die Liberalen, die Grünen, die Linksextremen.
Bei den Rechtsaußen-Parteien gibt es sogar zwei Fraktionen: Die eine ist eher noch gemäßigt. Zu ihr gehört aus Belgien die N-VA. Die andere ist doch klar rechtsextrem zu nennen. Aus Belgien ist dort der Vlaams Belang vertreten.
Was kann das Europaparlament machen innerhalb der EU?
Im Europaparlament werden Gesetze mitentschieden. Immer, wenn die EU-Kommission ein neues Gesetz vorschlägt, muss das Gesetz danach im Europaparlament bearbeitet und verabschiedet werden. Das Ergebnis davon muss noch mit dem EU-Rat, also den Vertretern der EU-Mitgliedsländern, abgeglichen werden. Aber das Europaparlament stellt entscheidende Weichen zu dem, was wir als neue EU-Gesetze bekommen.
Die zweite wichtige Funktion ist: Das Europaparlament muss die neue EU-Kommission wählen. Die Mitglieder der Kommission werden zwar von den EU-Mitgliedsländern vorgeschlagen. Aber das Parlament muss diese Vorschläge dann auch noch annehmen - und dabei kann es die Vorschläge auch ablehnen. Das Europaparlament hat da ein Wort mitzusprechen, einen gewissen Gestaltungsspielraum.
Wie werden belgische Politiker ins Europaparlament gewählt?
In Belgien sind die Sprachgemeinschaften ausschlaggebend dafür, wer ins Europaparlament einzieht. Pro Sprachgemeinschaft gibt es eine festgelegte Zahl von Sitzen, die mit Politikern besetzt werden.
Aus Flandern, der Sprachgemeinschaft mit den meisten Menschen in Belgien, werden 13 Abgeordnete ins Europaparlament gewählt. Aus der Wallonie acht, weil es einfach weniger frankophone Belgier gibt als flämischsprachige. Aus der DG wird ein Abgeordneter ins Europaparlament gewählt.
Worum geht es inhaltlich bei den Wahlen?
Das Thema Verteidigung spielt eine große Rolle - da die Frage: Soll die EU eine gemeinsame Rüstungs- und Verteidigungspolitik entwickeln, ja oder nein, und wenn ja wie?
Das Thema Einwanderung und Asyl spielt eine Rolle. Die Fragen: Wie kann sich die EU unabhängiger machen von außenstehenden Mächten? Wie kann dabei die Wirtschaft in der EU möglichst wettbewerbsfähig bleiben?
Was machen wir mit der Umwelt-, Klima- und Energiepolitik? Die Sozialpolitik spielt bei den linken Parteien eine große Rolle. Das sind die größten Themenkomplexe, um die es im Wahlkampf dieses Jahr gegangen ist.
Mit welchem Ergebnis ist zu rechnen?
Tatsächlich befürchten viele, dass es einen großen Rechtsruck im Europaparlament geben wird und die extremen und rechts-nationalen Parteien deutliche Gewinne einfahren. Allerdings ist kaum zu erwarten, dass dadurch das Europaparlament wirklich gelähmt werden wird in seiner Arbeit, denn eine breite Mehrheit der gemäßigten Parteien wird es sicher weiter geben.
Die Bürgerlich-Konservativen, Sozialisten, Liberale und Grüne werden sich da zur Not zusammenraufen. Wenn die Extremen zulegen, wird sich das aber irgendwie auch im Parlament bemerkbar machen. Wie genau, muss abgewartet werden.
Wählen ab 16
Erstmals dürfen in Belgien auch Jugendliche ab 16 Jahren bei der Europawahl teilnehmen. Was davon zu erwarten ist, weiß man noch nicht ganz genau. Die Frage wird wohl über den Wahltag hinaus spannend bleiben, wie das angenommen wird: Wie viele der 16- und 17-Jährigen wirklich wählen gehen und was sie dann wählen. In Belgien gilt für sie auch die Wahlpflicht. Allerdings sollen 16- und 17-Jährige nicht bestraft werden, wenn sie nicht wählen gehen.
Belgien ist übrigens neben Deutschland, Österreich und Malta das einzige Land in der EU, wo Jugendliche schon ab 16 Jahren wählen dürfen. In Griechenland ist das ab 17 Jahren möglich, im Rest der EU erst ab 18 Jahren.
Kay Wagner