In diesem Wahlkampf gibt es viele Schlachtfelder. Einer der heftigsten Kämpfe tobt aber zweifelsohne zwischen Rechts und extrem Rechts in Flandern. Also zwischen N-VA und Vlaams Belang. Kein Wunder also, dass beide Parteien das Wochenende noch einmal genutzt haben, um ihre Truppen zu mobilisieren. Die N-VA mit einem eher gemütlich-gesitteten Familientag im Zoo, der Vlaams Belang mit einer für die sozialen Medien optimierten und straff durchorganisierten Propagandashow à la Trump.
Viel Neues gab es nicht von Bart De Wever: Er wolle unbedingt Premierminister werden, weil er sonst niemandem vertraue, nach zwei Jahren die Reißleine zu ziehen. De Wever will ja ein Mini-Kabinett durchboxen. Das soll nicht nur das Land auf Vordermann bringen, sondern auch nebenher noch eine Staatsreform aushandeln. Und im Zweifelsfall wird in zwei Jahren eben schon wieder gewählt.
Ansonsten hat die N-VA vor allem ihre Qualitäten als verlässliche Regierungspartei hervorgehoben. Und natürlich betont, ohne dabei den Vlaams Belang namentlich zu nennen, dass sie die einzige Partei sei mit einer realistischen Marschroute zu einem konföderalen Belgien.
Mit solchen Feinheiten hielt sich der Vlaams Belang nicht auf. Jeder bekam sein Fett ab, je derber, desto besser: von der bösen Lügenpresse über Minderheiten, egal ob nun sexueller Art oder im falschen Land geboren, bis hin natürlich zu den politischen Gegnern. Mit der N-VA selbstverständlich als Hauptziel für die Giftpfeile: Dass De Wever mit der PS zusammenarbeiten wolle für eine Staatsreform, das sei ein bisschen so, als ob jemand mit Marc Dutroux zusammenarbeiten wolle, um Kinder zu schützen, so Parteichef Tom Van Grieken.
Transgenderismus sei nun auch in der Politik zu beobachten, so Chris Janssens, Fraktionschef von Vlaams Belang im flämischen Parlament. Denn er glaube, dass N-VA-Umweltministerin Zuhal Demir eine Grünen-Politikerin sei, die im Körper einer N-VA-Ministerin gefangen sei.
Demir und ihre in Flandern hochkontroverse Stickstoffpolitik sind aber auch beliebte Ziele für andere Parteien: Demir habe doch gesagt, dass sie keine Grünen in der Regierung wolle, ätzte etwa Open VLD-Parteichef Tom Ongena in der VRT. Das sei auch gar nicht nötig, denn mit Demir in der Regierung habe man Grün sowieso mit dabei, das sei deutlich.
Und apropos Open VLD: Premierminister Alexander De Croo hat – zweifelsohne unter dem Eindruck schlechter Umfragewerte – erneut keinen Hehl daraus gemacht, dass er keine Neuauflage der Vivaldi-Koalition mehr will.
Jede Koalition habe ihre Zeit, so De Croo sinngemäß. Damals sei es notwendig gewesen, ein breites Bündnis zu bilden, um die Bevölkerung zu schützen und das Land durch die Krisen zu lotsen. Für die geleistete Arbeit danke er auch allen Beteiligten. Vielen Dank und auf Wiedersehen also. Oder eben lieber auch nicht, im Fall der Grünen und Sozialisten. Dafür viel lieber mit der N-VA.
Das schmeckt Vooruit-Galionsfigur Conner Rousseau überhaupt nicht: Um Premier zu werden, seien De Croo die Sozialisten offenbar gut genug gewesen. Jetzt lasse er seine Partner im Stich.
Böses Blut der ganz anderen Art gibt es dann aber jetzt auch zwischen den frankophonen Liberalen von der MR und den Linksextremen von der PTB. Nicht, dass die zwei je gut miteinander ausgekommen wären.
Bei einer Fernsehdebatte beim Privatsender RTL-TVI kam unter anderem das Verbot des Tragens religiöser Symbole im öffentlichen Dienst auf den Tisch. Der in Marokko geborene PTB-Abgeordnete Nabil Boukili sprach sich dafür aus, Polizistinnen das Tragen des islamischen Schleiers zu erlauben.
Niemand dürfe wegen seiner Kleidung diskriminiert werden, so Boukili. So etwas machten nur Länder wie der Iran. Woraufhin dem MR-Ministerpräsidenten der Französischen Gemeinschaft der Kragen platzte. Boukili habe ihm hier in Belgien keine Lektionen zu geben, polterte Pierre-Yves Jeholet. Es gebe Regeln, die zu respektieren seien. Wenn Boukili das nicht passe, dann zwinge ihn niemand, in Belgien zu bleiben. Womit der Rassismus-Eklat natürlich perfekt war.
Boris Schmidt