Wenn die Abgeordneten über die letzten Gesetzestexte abgestimmt haben, wird das Parlament aufgelöst. Das wird aber vermutlich erst irgendwann in der Nacht oder vielleicht sogar erst am frühen Donnerstagmorgen passieren.
Premierminister Alexander De Croo hatte ja bereits im Vorfeld eine sehr rosige Bilanz der Arbeit seines Regierungsteams präsentiert. An tagesaktueller Munition mangelte es der Opposition also schon mal ganz sicher nicht in der Fragestunde der Kammer.
Stillstand und Zeitverschwendung
Nicht dass das sonst groß anders gewesen wäre, wie auch N-VA-Fraktionsführer Peter De Roover genüsslich feststellte. Regelmäßig habe die N-VA versucht, die Anstrengungen der Vivaldi als schlappen Kaffee darzustellen. Und das sei auch nicht schwierig gewesen. Denn De Croo habe es der Opposition ja leicht gemacht mit der schwachen Leistung beziehungsweise Bilanz seiner Equipe, stichelte De Roover.
In die gleiche Kerbe schlug auch Maxime Prévot von Les Engagés. Wenn man die Bürger frage, was die Vivaldi geschafft habe, bekomme man meist folgende Antwort: nichts von struktureller oder großer Bedeutung. Für die Menschen sei der Name "Vivaldi" mehr und mehr gleichbedeutend geworden mit Stillstand, Zeitverschwendung und nicht zu tun, was getan werden müsse, so auch De Roover.
Sophie Rohonyi von DéFI erinnerte den Premierminister daran, dass seine Regierung in einigen Stunden nur noch geschäftsführend sein wird. Allerdings habe die Unfähigkeit der Regierung, die so oft versprochenen Reformen umzusetzen, ohnehin schon oft den Eindruck erweckt, dass die Regierung nur geschäftsführend sei.
Giftpfeile
Und was die Regierung als Reformen verkauft habe, sei entweder nicht finanziert, so Rohonyi weiter, oder müsse von künftigen Regierungen und vor allem von künftigen Generationen bezahlt werden. Diesen Vorwurf der Politik auf dem Rücken künftiger Generationen griff unter anderem auch der rechtsextreme Vlaams Belang auf.
Wobei sich Vlaams Belang-Fraktionsführerin Barbara Pas naturgemäß nur für die Rücken im Norden des Landes interessierte. Kommende Generationen Flamen würden für die ausgebliebenen Reformen zahlen, wetterte Pas, die auch ansonsten Giftpfeile vor allem auf die flämischen Parteien der Vivaldi verschoss.
Genauso vorhersehbar war die populistische Tirade vom anderen Ende des politischen Spektrums, also von der linksextremen PTB-PVDA. Deren Fraktionsführerin Sofie Merckx versuchte, De Croo und seine Regierung als Interessenvertreter der Reichen darzustellen. Dabei bezog sie sich vor allem auf die Erklärungen des Premierministers, dass die belgische Bevölkerung wohlhabender sei als vor der Krise und die Kaufkraft besser geschützt sei als in jedem anderen Land.
De Croo müsse in einer Blase leben, um so etwas zu behaupten, donnerte Merckx von der PTB-PVDA: Eine Blase aus Ministern, die 10.000 Euro im Monat bekämen, Geschäftsführern von Unternehmen, deren Gehälter nicht blockiert worden seien, Millionären, die nicht besteuert worden seien. Und natürlich gehe es den Aktionären unter Vivaldi auch gut. Dass es De Croos Kaufkraft super gehe, daran habe sie auch keinen Zweifel, so die PTB-Politikerin.
Und was natürlich auch nicht fehlen durfte, das waren dann noch diverse Sticheleien zu den koalitionsinternen Reibereien bei der Vivaldi-Koalition. Denn von denen gab es in den letzten knapp vier Jahren ja ebenfalls mehr als genug in der sehr heterogenen Sieben-Parteien-Mannschaft. Bei solchen Freunden brauche man ja kaum noch Feinde, witzelte zum Beispiel Maxime Prévot dazu.
Boris Schmidt