Grimmige Atmosphäre fast den ganzen Tag über im Brüsseler Europaviertel. Manchmal flogen richtig die Fetzen, etwa, als protestierende Landwirte die Rue de la Loi regelrecht mit Stroh bombardierten, um das dann gleich anzuzünden. Auch Müll, Altreifen oder gar öffentliches Mobiliar wurden in Brand gesteckt. Am Vormittag lag denn auch zeitweise eine kleine Rauchwolke über dem Europaviertel rund um den Schuman-Kreisel. Manche setzten gar ihre Traktoren ein, um Straßensperren wegzuräumen.
Beeindruckende, fast beängstigende Bilder. Die schweren Trecker kamen den Ordnungskräften teilweise gefährlich nah. Die Polizei musste immer wieder Wasserwerfer einsetzen, um die Demonstranten zurückzudrängen, von denen einige durchaus die Konfrontation mit der Polizei suchten. Und wenn die Wasserkanonen nicht gegen die Randalierer eingesetzt wurden, dann, um die Brandherde im Europaviertel zu löschen. Drei Beamte wurden verletzt; es entstand zum Teil erheblicher Sachschaden.
Nur ein Steinwurf von diesen Gewaltszenen entfernt waren die Agrarminister der 27 EU-Staaten zu einem Treffen zusammengekommen. Großartig sensibilisiert werden mussten die eigentlich nicht mehr. "Wir haben verstanden, haben die Sorgen und Nöte der Landwirte gehört", sagte der föderale Agrarminister David Clarinval schon im Vorfeld der Sitzung. Weil Belgien aktuell den EU-Ratsvorsitz innehat, wurde die Sitzung von David Clarinval geleitet. Der konnte allerdings die Gewaltexzesse auch nur aufs Schärfste verurteilten. Die Ausschreitungen seien nicht nur inakzeptabel, sondern noch dazu kontraproduktiv, schadeten sie doch dem Image der Landwirte.
"Können wir nicht gutheißen"
Dessen sind sich im Übrigen auch die Bauernverbände bewusst. Lode Ceyssens, Vorsitzender des Boerenbonds, distanzierte sich von der Gewalt. "Das können wir nicht gutheißen", sagte Lode Ceyssens in der VRT. Und das stehe auch in schrillem Kontrast zu der Art und Weise, wie zumindest die flämischen Bauern bislang protestiert hätten.
"Solche Bilder sehen wir nicht gerne, sagte auch Mark Wulfrancke vom Algemeen Boerensyndicaats. Wobei: Man müsse sich doch die Frage stellen, was Menschen dazu bringt, sich so zu verhalten. "Hoffentlich hat jetzt wirklich jeder verstanden, wie groß die Not unter den Landwirten ist."
500 Empfehlungen
Alle Blicke richteten sich am Nachmittag aber auf das EU-Ratsgebäude, wo die Agrarminister tagten. Gegen 15 Uhr trat dann David Clarinval vor die Presse, begleitet vom zuständigen EU-Agrarkommissar. Zu vermelden hatten die beiden eigentlich nicht viel. Die Agrarminister der 27 Mitgliedstaaten stellen sich demnach hinter die Vorschläge der EU-Kommission, die ja schon eine Reihe von administrativen Vereinfachungen in Aussicht gestellt hatte. So soll etwa die Zahl der Kontrollen, die Antragsteller über sich ergehen lassen müssen, halbiert werden. Auch müssen erstmal weniger Nutzflächen in Brachland umgewandelt werden als bislang vorgesehen.
Diese Maßnahmen können im Grunde sofort in Kraft treten. Doch reiche das natürlich nicht, betonte Clarinval. Die Minister forderten die Kommission dazu auf, weitere, möglichst auch ehrgeizigere Maßnahmen auszuarbeiten. Die belgische Ratspräsidentschaft habe da auch schon Vorarbeit geleistet, sagte Clarinval. Man habe die 27 EU-Mitgliedstaaten dazu aufgerufen, Vorschläge einzureichen im Hinblick auf mögliche Verbesserungen und administrative Vereinfachungen. Daraufhin seien sage und schreibe 500 Empfehlungen eingegangen, sagte Clarinval.
Zugegeben, wandte sich der belgische Agrarminister an die Kritiker: Die neue gemeinsame Agrarpolitik sei gerade erst in Kraft getreten. Seither seien aber zwei neue Elemente hinzugekommen: der Krieg in der Ukraine und der Green Deal. Entsprechend sei es doch normal, dass man jetzt eine Reihe von Korrekturen vornehme. Eins ist sicher: "Wir werden die Landwirte nicht im Stich lassen".
Roger Pint
Was mich mal mehr interessieren würde, was wohl deren Eigene Familien oder Landsmänner allgemein treiben würden, falls diesen Krawallbrüdern alternativ einfallen würde, "kreative Aktionen" genau bei der oben genannten Zielgruppe in deren Wohnzimmer durchzuführen. Ich weiß keine Antwort drauf weil sowas nie passieren wird, doch besonders der Rechtsextremistischen Szene darf EU-weit nochmal verkündet werden, dass es bei allem Recht auf konstruktive Kritik kein Recht gibt gegen den Staat zu rebellieren. Wer seinen Eigenen Staat hasst fühlt sich vielleicht in der BRD besser aufgehoben, weil die BRD laut einiger Staatsrechtler im Gegensatz zum Foederalen Koenigreich nicht die Mindestanforderungen eines "vom Volk gewählten demokratischen Staates" ausreichend erfüllt und selbst dort jedoch auch die Pflicht besteht, seinen ich sage mal "Statthaltern einer fremden Großmacht" zu gehorchen als wäre man wieder durch eine Zeitreise zurück in einer Provinz des Imperium Romanum.
Darf man bei Protestaktionen Gesetze übertreten? Das fing schon an, als Traktoren über Autobahnen fuhren ,,, Die jetzige Reaktion ist VOLLKOMMEN absurd und DIE Bauern gibt es nicht. Ein großer Prozentsatz besteht aus Großunternehmen mit riesigen Landbauflächen (man achte nur mal auf die Größe der eingesetzten Maschinen) bzw. mit erheblichem Viehbestand. Warum bezahlen Landwirte keine Dieselsteuer? So weit müssen sie doch nicht fahren mit den Traktoren, es sei denn sie protestieren in ganz Europa. Verkäufer im Außendienst z.B. haben viel größere Abstände (und das jeden Tag) zu bewältigen und niemand käme auf die Idee die Dieselsteuer zu erlassen. Das kann dann ja jeder von der Steuer abziehen. So machen sich die Bauern sehr unbeliebt. Man denke nur an die Schweinezucht mit keinerlei Auslauf, die das Tageslicht zum ersten Mal sehen, wenn sie zum Schlachthof gefahren werden und deren Gülle auf die Felder gekippt wird statt entsorgt zu werden.