In unserer Hauptstadt ist die Hölle los. So oder so ähnlich könnte man die Kritik zusammenfassen, die insbesondere von den Oppositionsbänken kam. Allein seit dem 11. Februar ist es in Brüssel zu sechs Schießereien gekommen, beklagte François De Smet von Défi. Dabei wurden ein Mensch getötet und mehrere weitere verletzt. Man darf wohl behaupten, dass sich die Drogendealer in Brüssel inzwischen wie zuhause fühlen.
"Aber wir hören hier schon wieder das altbekannte Liedchen", sagte die N-VA-Abgeordnete Sigrid Goethals. Wie gewohnt wird die heiße Kartoffel weitergereicht: Der Brüsseler Ministerpräsident Rudy Vervoort zeigt mit dem Finger auf die föderale Ebene. Und die föderale Innenministerin Annelies Verlinden zeigt ihrerseits mit dem Finger auf die Brüsseler Lokal- bzw. Regionalverantwortlichen. Alle zuständig, niemand verantwortlich, wie immer!
Und das Problem fällt nicht vom Himmel, betonte Maxime Prévot von Les Engagés. Schon seit Jahren fordern die Bürgermeister mehr Polizisten, um die Stellenpläne aufzufüllen. Seit Jahren zieht man auch schon bei der Justiz die Alarmglocke.
Premierminister Alexander De Croo wollte seinerseits die Probleme nicht kleinreden. "Wir nehmen die jüngsten Vorfälle sehr ernst! Dies allerdings nicht seit gestern. Der Kampf gegen die Drogenkriminalität sei von Beginn an eine der Prioritäten dieser Regierung gewesen. Aber das Problem habe ein solches Ausmaß erreicht, dass man es nur gemeinsam bekämpfen kann. "Wenn wir uns gegenseitig die Schuld in die Schuhe schieben, wenn wir uns spalten lassen, dann haben wir schon verloren", sagte De Croo. "Und wir müssen auch verstehen, dass man dieses Problem nicht über Nacht lösen kann."
Justizminister Paul Van Tigchelt hakt genau da ein: Wir brauchen hier einen langen Atem, sagte der OpenVLD-Vizepremier sinngemäß. Wir müssen der Drogenmafia immer wieder neue Schläge versetzen, um sie in die Enge zu treiben. "Und genau das machen wir!", sagt Van Tigchelt. Unsere Gefängnisse sind voll. 12.100 Inhaftierte, von denen 40 Prozent wegen mutmaßlicher Mittäterschaft bei Drogendelikten einsitzen. Die sind da nicht von selbst gelandet.
Vor allem in den letzten Wochen habe die Polizei fast täglich Razzien im Drogenmilieu durchgeführt. Also man könne wirklich nicht sagen, dass hier nichts passiere. Und apropos: In diesem Land gibt es derzeit insgesamt 50.000 Polizisten, so viele wie noch nie zuvor.
François De Smet von Défi bringt die Antworten der Opposition mit einem Satz auf den Punkt: "Schön und gut, aber offensichtlich reicht das alles noch nicht". Maxime Prévot von Les Engagés wird deutlicher: "Wir sagen ja nicht, dass Sie nichts unternommen haben. Nur ist offensichtlich, dass man jetzt mal einen Gang hochschalten und großflächig Personal rekrutieren muss".
Sigrid Goethals von der N-VA wird noch deutlicher: "Sie sagen, Sie hätten das Problem auf dem Schirm", wendet sie sich an den Premier und seinen Justizminister. "Sie loben sich auch selbst, glauben, dass Sie schon genug unternehmen. Nun, dann fragen sie mal die Anwohner in Brüssel - die sehen das vielleicht etwas anders."
Roger Pint