Mit dem 1. Januar hat Belgien die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Das passiert turnusgemäß, jedes halbe Jahr wechselt der Vorsitz in der EU. Dabei kommt diese Präsidentschaft eigentlich zur Unzeit, schließlich wird am 9. Juni gewählt und da ist die Politik vor allem mit Wahlkampf beschäftigt.
Das bedeutet vor allem, dass alles sehr eng getaktet ist. Aus Diplomatenkreisen heißt es, dass man das Wichtigste schon in den ersten zweieinhalb Monaten durchbringen muss.
150 Gesetzestexte liegen für diesen Zeitraum schon zur Behandlung auf dem Tisch. Es wird ja nicht nur in Belgien gewählt. Das EU-Parlament wird in allen EU-Staaten gewählt. Es wird also keine gewöhnliche Ratspräsidentschaft.
Und um effizienter zu arbeiten, hat Belgien auch in den letzten Monaten den Schulterschluss mit Spanien gesucht. Das Land hatte bis Silvester den Ratsvorsitz inne. So haben der spanische und der belgische Premier beispielsweise gemeinsam den Nahen Osten besucht. Es gibt aber noch einen dritten im Bunde: Ungarn. Das Land wird dann im zweiten Halbjahr die Ratspräsidentschaft übernehmen.
Das spanisch-belgisch-ungarische Trio hat drei Schwerpunkte festgelegt: mehr Wettbewerbsfähigkeit der EU, ein fairer und gerechter Übergang im Umwelt- und Digitalbereich und eine stärkere internationale Partnerschaft im Verteidigungsbereich. Alles Themen, die in der EU nicht unbedingt konsensfähig sind.
"Ehrlicher Verhandler"
Denken wir an die Landwirtschaft. Wenn es dort um Pestizide geht, haben viele Länder unterschiedliche Ansichten. Es geht vor allem nicht darum, den Themen den eigenen Stempel aufzudrücken und andere Länder von den eigenen Ansichten zu überzeugen. Belgien hat hier die Rolle des "ehrlichen Verhandlers". Das heißt, Ziel ist es, bei jedem Thema einen möglichst breiten Konsens zu erzielen.
Eigentlich eine Aufgabe, bei der Belgien viel Übung hat. Als die Regierung die Pläne für die Ratspräsidentschaft Anfang Dezember vorgestellt hat, sagte Außenministerin Hadja Lahbib einem Journalisten auf die Frage, wie es um die belgischen Vermittler-Fähigkeiten steht: "Do you know 'compromis à la belge'?"
Olivier Krickel
Ich habe sehr hohe Erwartungen an die belgische Ratspräsidentschaft. Dann wird das ein gutes Jahr 2024.