Nicole de Moor macht aus ihrer Freude keinen Hehl. "Ich bin wirklich froh", sagte sie Mittwochmittag im Fernsehen der VRT, "dass wir endlich eine Einigung haben. Denn überall in Europa wollen die Menschen ein besseres Einwanderungssystem haben."
Überall in Europa - und fast schon natürlich auch in Belgien. Denn, so sagte es die Staatssekretärin: "In unserem Land beobachten wir, dass sehr viele Menschen kommen und in unseren Auffanglagern sitzen, die keinen Schutz brauchen. Die kein Anrecht auf Asyl haben, die nicht vor Krieg und Verfolgung fliehen. Sondern die aus wirtschaftlichen Gründen nach Belgien kommen. Und ich verstehe, dass sie eine bessere wirtschaftliche Zukunft für sich suchen. Aber dafür ist das Asylsystem nicht gedacht."
Das neue System, das die EU sich jetzt gegeben hat und in gut einem Jahr greifen soll, will versuchen, diese Wirtschaftsflüchtlinge von den Asylsuchenden schon frühzeitig zu trennen. "Wir werden nun ein System bekommen, bei dem wir systematisch jeden an der EU-Außengrenze kontrollieren können. Und die Menschen, die wirklich keinen Anspruch auf Asyl haben, die aus wirtschaftlichen Gründen kommen, die können wir stoppen und zurückschicken."
Verteilung
Der zweite für de Moor entscheidende Aspekt der Einigung ist die geregelte Verteilung der Asylantragsteller auf die einzelnen EU-Mitgliedstaaten. Zurzeit gilt immer noch das so genannte Dublin-System: In dem Land, in dem ein Asylsuchender zuerst in der EU angekommen, muss er eigentlich auch seinen Asylantrag stellen. Gerade südeuropäische Länder ächzen deshalb enorm unter der großen Last der ankommenden Menschen.
Jetzt sollen die Asylantragsteller von vornherein auf alle Länder der EU verteilt werden. "Wie viele in ein Land kommen sollen, das haben wir prozentual festgelegt", sagte de Moor. Für Belgien seien das 3,2 Prozent.
Zurzeit befänden sich dreimal so viele Flüchtlinge und Asylantragsteller in Belgien. Sprich: Auch Belgien sei zurzeit eigentlich hoffnungslos überlastet. Das neue System werde die Situation ändern:
"Diese zwei Aspekte", sagte de Moor, "nämlich Menschen zu stoppen, die kein Recht auf Asyl haben, und Menschen, die Anrecht auf Asyl haben, gerechter zu verteilen, werden dafür sorgen, dass der Druck auf unser Land sich enorm verringern wird."
Weitere Reaktionen
Lob für die neuen EU-Regeln kam schnell auch von Außenministerin Hadja Lahbib. Die Einigung sei ein "wichtiger Schritt, um unsere Grenzen zu schützen und gleichzeitig Menschlichkeit zu bewahren", schrieb Lahbib auf dem Nachrichtendienst X.
Die N-VA-Europaabgeordnete Assita Kanko sah in einer ersten Stellungnahme Verbesserungen im Vergleich zu heute, aber keinen großen Paradigmenwechsel, den Europa eigentlich bräuchte. Harsche Kritik äußerte die Ecolo-Europaabgeordnete Saskia Bricmont. Die Festung Europa wachse weiter auf Kosten der Menschenrechte und der Solidarität, teilte sie mit.
EU einigt sich auf Asylreform - Kritik von Menschenrechtsorganisationen
Kay Wagner