"Guten Morgen! Schön, wieder mal in Belgien zu sein. Vielen Dank für den warmherzigen Empfang!" Der aus Ostbelgien stammende Mathias Cormann hatte gewissermaßen ein Heimspiel. Denn der OECD-Generalsekretär war persönlich in die alte Heimat gekommen, um dem Land sein Corona-Zeugnis auszuhändigen.
Die OECD, die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, ist ein Zusammenschluss der 38 wichtigsten Wirtschaftsnationen, wobei man die meisten Mitgliedstaaten dem "Westen" zuordnen kann. Die Föderalregierung hatte die Organisation darum gebeten, das Corona-Management in Belgien einmal genau zu analysieren. Und das Ergebnis liegt jetzt also vor.
Das erste Fazit des OECD-Chefs ging wohl schon runter wie Öl: "Belgien hat schnelle Maßnahmen getroffen, um Leben und auch den Lebensstandard zu schützen", sagte Mathias Cormann. "Und die gute Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Regierungen des Landes im Rahmen des Konzertierungsausschusses war da ein Schlüsselelement."
"Natürlich war längst nicht alles rosig", räumt Cormann ein. Vor allem zu Beginn der Krise sei Belgien hart getroffen worden, insbesondere in den Alten- und Pflegeheimen seien viele Todesopfer zu beklagen gewesen. Doch habe man schnell hinzugelernt. Und vor allem die vergleichsweise schnelle und zielgerichtete Impfkampagne habe dann dazu geführt, dass die Zahlen sich dann doch entscheidend verbessert hätten.
Auch wirtschaftlich habe Belgien viel richtig gemacht, indem man eben über allerlei Unterstützungsmaßnahmen dafür gesorgt habe, dass die Unternehmen und auch die Bürger nicht im Regen stehengeblieben sind. Das gleiche gilt für die Schulen, wo man den Schaden noch in Grenzen gehalten habe.
Hausaufgaben
Fazit der OECD: Das belgische Krisenmanagement war aller Ehren wert. Wissend, dass man im Nachhinein natürlich immer schlauer ist. Und es gelte eben, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Deswegen gibt die Organisation den verschiedenen Regierungen des Landes noch ein paar Hausaufgaben mit. Wichtigste Lektion: Man muss von vornherein besser auf Krisen vorbereitet sein, zum Beispiel, indem man größere Lagerbestände für medizinisches Material anlegt.
Die anwesenden Föderalminister konnten einen gewissen Stolz nicht verhehlen. Sie wollten eine externe, unabhängige Bewertung ihrer Arbeit. Wohl auch, weil sie selbst davon überzeugt waren. Und das bekommen sie jetzt also schriftlich. "Ja, wir wurden zu Beginn der Krise überrascht", räumte allen voran Premierminister Alexander De Croo ein. "Aber wir haben uns Schritt für Schritt verbessert."
"Und ich denke, man darf behaupten, dass wir dadurch letztlich viele Menschenleben retten konnten", sagte Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke. Durch Maßnahmen, die nicht immer einfach waren - ein schwieriges Gleichgewicht zwischen der Wahrung persönlicher Freiheiten und deren notwendiger Beschneidung. Und dann eben vor allem dank der Impfkampagne. "Und noch etwas: Wir haben Wort gehalten. In Belgien sind die Schulen länger als in vielen anderen Ländern offen geblieben."
"Was lernen wir aber vor allem daraus?", fragte Premierminister Alexander De Croo und sowohl Vandenbroucke als auch Innenministerin Annelies Verlinden pflichteten ihm bei: "In dem Moment, in dem wir mit einer beispiellosen Krise konfrontiert waren, haben wir alle dazu bringen können, an einem Strang zu ziehen. Das beweist einmal mehr, dass wir in diesem Land sehr viel erreichen können, wenn wir nur zusammenarbeiten."
Roger Pint