Die beiden Parteien aus dem linken Lager sehen in verschiedenen Fällen von Zusammenwohnenden Nachteile, wenn es darum geht, Sozialleistungen zu beziehen. Und diese mutmaßliche Ungerechtigkeit wollen PS und Ecolo beseitigen, indem sie das Statut abschaffen. PS-Chef Paul Magnette hat schon angekündigt, dieses Thema in den Wahlkampf zu tragen. Die PS-Fraktion hat auch einen Gesetzesentwurf erarbeitet, der auf ein Ende des Statuts hinarbeitet. Einige andere linke Organisationen wie etwa die FGTB-Gewerkschaft fordern ebenso, das Statut "Zusammenwohnend" abzuschaffen. Inzwischen gibt es sogar eine Internetplattform, auf der die Gegner des Statuts für ihr Anliegen werben.
Die Höhe von verschiedenen Sozialleistungen richten sich nicht allein nach der betroffenen Person, sondern auch nach dem Umfeld, in dem die Person lebt. Wer mit einer anderen Person in einem Haushalt zusammenlebt, der braucht schlicht weniger Geld als jemand, der einen gesamten Haushalt allein führen muss. Daher erhalten Menschen, die allein leben, mehr soziale Zuwendungen als diejenigen, die die Kosten nicht allein schultern müssen. Das empfinden einige als ungerecht. Sie wollen, dass alle die Sätze von Alleinlebenden erhalten.
Eine besondere Ungerechtigkeit machen die Gegner des Statuts Frauen gegenüber aus. Sie seien durch das Statut finanziell abhängiger von ihrem Partner. Denn wenn sie mit einem Partner zusammenlebten, erhielten sie durch dieses Zusammenleben weniger Sozialleistungen, so die Argumentation.
Die liberale MR nennt es "Wahnsinn" das Statut "Zusammenlebend" abzuschaffen. Eben weil Sozialleistungen nach Bedürftigkeit fließen und wer weniger bedürftig ist, weil er weniger Kosten zu schultern hat, dem muss auch weniger geholfen werden. Die MR-Abgeordnete Florence Reuter erklärt in La Dernière Heure, dass wenn man allen Empfängern die Sätze für Alleinlebende ausbezahlen würde, das laut Rechnungshof knapp 1,9 Milliarden Euro kosten würde. Angesichts der Staatsfinanzen sei das unbezahlbar. Außerdem ginge dadurch der Anreiz einer Arbeit nachzugehen weiter verloren - auch für Frauen. Wenn man schon an das Statut "Zusammenwohnend" ran wolle, dann müsse man auch andere Mechanismen in der sozialen Sicherheit mitreformieren, so Reuter.
Auch das linke Lager scheint in dieser Diskussion nicht mit einer Stimme zu sprechen. Ecolo ärgert es vor allem, dass die PS dieses Thema für sich allein beanspruchen will. Die Ecolo-Politikerin Céline Cornet beklagt in der DH, dass die PS ihr Vorpreschen nicht mit anderen abgesprochen habe. Denn im Grunde handele es sich um eine Forderung, die Ecolo schon seit Jahren vertrete. Aber die PS scheint hier auf eigene Profilierung zu setzen.
dh/okr