"Besonders" seien die letzten Monate gewesen, sagte Conner Rousseau im VRT-Fernsehmagazin Terzake. "Besonders, und nicht immer schön."
Das glaubt man dem Vooruit-Vorsitzenden unbesehen. Denn die letzten Monate waren bestimmt nicht einfach. Mitte Juni war bekannt geworden, dass die Justiz gegen Rousseau ermittelt. Es lägen zwei Anzeigen und eine Klage vor, alle drei wegen mutmaßlicher sexueller Belästigung. In einem Fall sei sogar ein Minderjähriger im Spiel gewesen, hieß es damals.
Es mag so aussehen, als hätte Rousseau die Medienberichte über diese Untersuchungen ungewollt selbst losgetreten, weil er just in diesen Juni-Tagen ein Video veröffentlicht hatte, in dem er sich als bisexuell outete. Damit wollte er offensichtlich auf die Gerüchte reagieren, die schon seit einiger Zeit über ihn im Netz herumgeisterten. Stattdessen brach dann aber ein Sturm los, wurden die besagten gerichtlichen Untersuchungen überall - mitunter auch genüsslich - breitgetreten.
Untersuchungen eingestellt
Die Vorwürfe haben sich aber offensichtlich der Reihe nach in Wohlgefallen aufgelöst. Anfang des Monats gab die Justiz bekannt, dass auch die letzte der drei Untersuchungen eingestellt worden sei, weil sich der Vorwurf als gegenstandslos erwiesen hatte.
Ist das jetzt das Ende dieses Albtraums, wurde Rousseau am Donnerstag sinngemäß in Terzake gefragt. Er hoffe es, antwortet der Vooruit-Vorsitzende. "Können Sie da nicht sicher sein?", wundert sich die Journalistin. "Naja", erwidert Rousseau nachdenklich, "jeder kann jeden jederzeit anzeigen". "Hinzu kommt", sagt Rousseau: "Die Wahlen stehen bevor; und da kann noch mit viel Dreck geschmissen werden". Er hoffe demgegenüber, dass es auch um Inhalte gehen wird.
Aber, damit das klar ist, sagt Rousseau: Was die drei Klagen bzw. Anzeigen angeht, so seien die ausgiebig untersucht worden. Er sei stundenlang verhört worden und es habe sich keiner der Vorwürfe erhärten lassen. Deswegen seien die Ermittlungen eingestellt worden. Er könne ruhigen Gewissens sagen: Es ist nichts passiert, da wurden keine Grenzen überschritten.
Es war diese Botschaft, die Conner Rousseau in die Welt tragen wollte. Der Mann, der eigentlich ein reinrassiger Medienmensch ist, hatte sich nämlich in der Zwischenzeit doch ziemlich zurückgezogen. Jetzt, wo sich die Vorwürfe zerschlagen haben, wollte er sich buchstäblich in allen Medien gleichzeitig zurückmelden: am Donnerstag im Fernsehen, am Freitag dann in den Zeitungen. Der 30-Jährige wollte wohl einen Schlussstrich ziehen unter all diese Negativschlagzeilen, die natürlich das Potenzial hatten, seine (sehr) junge Karriere zu zerstören.
Neue Vorwürfe
Auf allen Kanälen war er dann auch. Der Rest lief aber wohl nicht wie geplant, denn, statt mit der Vergangenheit abschließen zu können, musste Rousseau nämlich zuallererst auf neue Vorwürfe reagieren.
Es ist wieder eine potenziell brisante Geschichte, die am Donnerstag plötzlich aufpoppte. Rousseau soll sich demnach in seiner Heimatstadt Sint-Niklaas einem Polizisten gegenüber abfällig geäußert haben. In Gegenwart des Beamten habe er auch einen rassistischen Begriff fallenlassen.
Viel könne er dazu erstmal nicht sagen, erklärte Rousseau in der VRT. Denn: Wie alle anderen habe auch er die Geschichte aus der Presse erfahren. Er selbst sei noch nicht offiziell über die Vorwürfe in Kenntnis gesetzt worden.
Er sei tatsächlich am fraglichen Abend am fraglichen Ort gewesen, also in einer Kneipe im Stadtzentrum von Sint-Niklaas, sagte Rousseau. Er habe da was getrunken, aber so wie er den Abend in Erinnerung habe, sei der insgesamt lustig, gut gelaunt und freundschaftlich verlaufen.
Er könne sich jedenfalls nicht daran erinnern, dass er dem Polizisten gegenüber irgendwie verkehrt geworden wäre, sagt Rousseau. "Da hilft nur eins", empfahlen am Freitag schon einige Zeitungen: "Künftig besser mal 'ne Cola Light trinken".
So hatte sich der Vooruit-Chef seinen Schlussstrich wohl nicht vorgestellt. Statt eine Geschichte abzuhaken, wird jetzt ein neues Fass aufgemacht. Kein Wunder, dass nicht nur Sozialisten hinter dem ganzen inzwischen eine Kampagne wittern.
Roger Pint