Um seine Sorge nicht nur mit den anderen Staatsoberhäuptern zu diskutieren, sondern auch mit Experten, hatte der König vier Astronauten der Europäischen Weltraumorganisation ESA ins Schloss geladen. Darunter waren auch die beiden deutschen Astronauten Alexander Gerst und Matthias Maurer. Beide sind schon mal im All gewesen und beide haben durch zahlreiche Fernsehauftritte unter anderem auch in der deutschen "Sendung mit der Maus" viel Werbung für die Raumfahrt gemacht.
Sowohl Gerst als auch Maurer teilen die Ansicht von König Philippe, dass die europäische Raumfahrt sich Sorgen um ihre Zukunft machen sollte. Die "Spielregeln" für die Raumfahrt hätten sich geändert. Immer mehr Staaten, aber auch private, finanzstarke Unternehmer würden sich für das Weltall und speziell Missionen zum Mond interessieren. Europa müsse aufpassen, "um nicht irrelevant zu werden", warnt Gerst.
Von oben
Gerade deshalb sei so ein Treffen wie das mit den Staatsoberhäuptern in Brüssel wichtig. Zwar könnten diese Staatsoberhäupter in ihren jeweiligen Ländern selbst wenig konkrete Entscheidungen treffen. Aber sie könnten Anstöße geben für konkrete Maßnahmen. Darin hätten Astronauten und Staatschefs nämlich etwas gemeinsam, sagt Gerst. Beide hätten die Möglichkeit, Dinge mit Abstand zu betrachten, von oben. Und könnten von dort aus Veränderungen bewirken.
Eben genauso, wie es Gerst und Maurer selbst tun. Beide haben ja schon die Erde von oben, vom Weltraum aus gesehen. Beide sagen, dass das ihre Einstellung zum Leben auf der Erde verändert hat. Stichworte: Sorge um den Planeten aufgrund von Umweltverschmutzung, Klimawandel aber auch Krieg.
Den Ausbruch des Krieges habe er bei seiner Weltraummission klar erkennen können, berichtet Maurer. Von einem Tag auf den anderen sei die Ukraine nachts nur noch ein schwarzer Fleck gewesen. Er würde sich wünschen, dass jeder Politiker einmal vom Weltall aus auf die Erde blicken könnte, um zu verstehen, wie schlimm und schädlich ein Krieg auf der Erde sei, sagt Maurer.
Verbindendes Element
Beide Astronauten werten es als ganz wichtig, dass sich Europa weiter in der Raumfahrt engagiert. Gerade in Zeiten der inneren Zerstrittenheit unter Nationalstaaten könnte Raumfahrt "ein verbindendes Element sein", gibt Maurer zu bedenken. Und: Die Erde sei nun einmal ein Teil des Weltraums, des "achten Kontinents", wie ihn Maurer bezeichnet. Um den müsse man sich genauso kümmern wie um die sieben Kontinente auf der Erde.
"Den Weltraum müssen wir verstehen, weil er da ist", sagt seinerseits Gerst. Die Erde sei eine Insel in diesem Weltraum, "eine Art kleines Raumschiff, das mit uns Menschen als Crew einmal im Jahr um die Sonne kreist". Da sei es nur sinnvoll zu verstehen, in welchem Umfeld man da herumfliege. Denn aus dem All könnten auch Gefahren die Erde bedrohen. Was allerdings nur ein Grund sei, die Raumfahrt weiter voranzutreiben. Ein anderer seien die vielen technologischen Möglichkeiten, die Weltraumforschung mit sich bringe.
Bald ein Belgier im All
Gerst kümmert sich in Köln übrigens auch um die Ausbildung des neuen belgischen Astronauten Raphaël Liégeois. Dieser befinde sich gerade in der "Grundschule" der Astronauten, würde sich aber hervorragend schlagen. Das sei überhaupt eine ganz tolle Truppe an jungen Astronauten, die sich jetzt gerade auf ihren Einsatz im Weltall vorbereiten würden.
Eher skeptisch sind Gerst und Maurer allerdings, ob Liégeois im Weltraum auch die von Belgiern heiß geliebten Fritten essen könne. "Von Fritten im Weltall habe ich noch nichts gehört. Aber ich hatte zwischendurch große Lust darauf", gesteht Gerst. Und leicht schmunzelnd ergänzt Maurer: "Das wäre mal ein Spezialauftrag an die belgische Industrie, eine Weltraum-Frittenfriteuse herzustellen. Das könnten wir echt gebrauchen."
Kay Wagner