An einem 11. Juli hat im Jahr 1302 die berühmte Schlacht der Goldenen Sporen in der Nähe des westflämischen Kortrijk stattgefunden – daran wird an diesem Tag erinnert. Brüssel hatte den Besuchern diesmal fast schon einen Bilderbuch-Sommertag zu bieten. Und dank eines umfangreichen Unterhaltungsprogramms rund um unter anderem Tanz und Gesang musste sich auch sicher niemand langweilen.
Gesungen wurde aber nicht nur auf der Grand'Place beziehungsweise passender: auf dem Groten Markt, sondern auch im Rathaus der Stadt Brüssel, wo der offizielle Hauptfestakt stattgefunden hat. Aber das gotische Rathaus ist natürlich alles andere als ein gut klimatisiertes Hightech-Gebäude. Und zu den Außentemperaturen von fast 30 Grad kam ja auch noch die zusätzliche Wärme von zahlreichen Scheinwerfern und anderer technischer Ausrüstung. Kein Wunder also, dass auch der versammelten Polit- und anderen Prominenz der Schweiß oft buchstäblich auf der Stirn stand und viele versuchten, sich durch das Zufächeln von Luft während der musikalischen Auftritte und Reden zumindest ein bisschen Kühlung zu verschaffen.
Als erster durfte wie immer der Gastgeber sprechen, also der Bürgermeister der Stadt Brüssel, Philippe Close von der PS, der die geladenen Gäste herzlich in der Hauptstadt Flanderns willkommen hieß. Und Close erinnerte gleich zu Anfang daran, dass jeden Tag 250.000 Flamen nach Brüssel zur Arbeit pendeln, ein Zehntel der Berufstätigen Flanderns. Entsprechend lobte er auch die nicht nur wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen beiden Regionen. Nachdem er eingeräumt hatte, dass die belgische Staatsstruktur schon etwas chaotisch wirken könne, nannte er dann aber die seiner Meinung nach wichtigsten Voraussetzungen für Erfolg: Zusammenarbeit sei der Schlüssel, um zu punkten, allein sei man vielleicht schneller, aber dafür komme man gemeinsam weiter, betonte der PS-Politiker sicher nicht zufällig.
Und dann kam die wichtigste Rede des Tages, die von Liesbeth Homans, ihres Zeichens Vorsitzende des flämischen Parlaments. Die N-VA-Politikerin schnitt in ihrer Rede viele verschiedene Themen an, die die Politik nicht nur in Flandern beschäftigen – etwa die Frage, wie man das verloren gegangene Vertrauen der Bürger zurückgewinnen könne nach Skandalen wie zum Beispiel um die Pensionen der Parlamentarier und anderes problematisches Verhalten.
Aber natürlich durfte ein ganz bestimmtes anderes Thema auch nicht fehlen am Tag der Flämischen Gemeinschaft – die Gemeinschaftspolitik natürlich: Um seinen Wohlstand zu bewahren, müsse Flandern alle Hebel selbst in der Hand haben, so Homans. Sie sei auch davon überzeugt, dass sich Flandern ohne Tabus mit den anderen Regionen und Gemeinschaften an den Verhandlungstisch setzen müsse. Man müsse darüber diskutieren, ob eine gesunde Wirtschaftspolitik überhaupt noch möglich sei in einem föderalen Korsett wie aktuell, und in aller Offenheit über die notwendigen Reformen sprechen.
Wie bereits erwähnt, war anlässlich dieses Festakts mehr oder weniger die gesamte politische Klasse Flanderns in Brüssel versammelt. Es überrascht also nicht, dass es am Rand der Veranstaltung unzählige weitere Interviews und Statements aus dem gesamten politischen Spektrum zu allen möglichen Themen gab. Wirkliche Überraschungen sind aber auch hier ausgeblieben. Es ist überall unübersehbar, dass die Wahlen vom nächsten Jahr schon alles überschatten, auch – oder gerade – den Tag der Flämischen Gemeinschaft.
Boris Schmidt