Rad-WM in Belgien - das ist ein Fest. Jüngster Beweis waren die Weltmeisterschaften 2021, die in "Flandern" stattfanden, also nicht in einer bestimmten Stadt, wie sonst üblich, sondern gleich in der ganzen Region. Die Begeisterung, die damals mit Flandern das ganze Land erfasst hatte, findet man in dieser Form eigentlich nur hier. Dass man auch in Brüssel Radsport-Großereignisse organisieren kann, das hat die Hauptstadt zuletzt 2019 demonstrieren können beim "Grand Départ" der Tour de France.
Belgien ist nunmal die Heimat des Radsports, sagte der Brüsseler Bürgermeister Philippe Close in der RTBF. Der Grand Départ 2019 in Brüssel, die belgischen Frühjahrsklassiker, ... in diesem Land lebt der Radsport. Und die Kandidatur für die WM 2030 sorgt denn auch schon für Vorfreude in Brüssel, aber darüber hinaus auch im ganzen Land, denn 2030 stehen ja auch die Zweihundertjahrfeiern an.
"Den Radsport nach Hause holen"
"Radsport, das können wir", sagte auch Premierminister Alexander De Croo. Er gab zusammen mit Philippe Close die Brüsseler Kandidatur für die WM 2030 bekannt. Eben um zu zeigen, dass das ganze Land hinter seiner Hauptstadt steht. "Ein Radsport-Großereignis in Belgien, jeder weiß, dass das ein Fest ist, jeder weiß, dass man das in keinem Land besser organisieren kann als hier. Im Grunde wollen wir den Radsport nach Hause holen."
"Und in der Tat: Was wäre wohl schöner, als dieses Radsport-Fest zu verbinden mit den Zweihundertjahrfeiern?", sagt der föderale Regierungschef, der übrigens selbst nach eigenen Worten in seiner Freizeit auch am liebsten in die Pedale tritt. 200 Jahre belgische Unabhängigkeit, dieses Jubiläum unter anderem mit einem Radsport-Event zu feiern, das wäre die Kirsche auf der Geburtstagstorte.
"Das gibt uns auch die Gelegenheit, uns auch mal von einer anderen Seite zu zeigen. Oft schauen die Menschen nur nach Brüssel, wenn's eine Krise gibt. Brüssel ist nunmal eine der wichtigsten Städte der Welt. Aber wir haben eben auch noch viele andere Trümpfe", so De Croo.
Image aufpolieren
Eine Radsport-WM auszurichten, das hat allerdings seinen Preis. "Nun gut, wir profitieren da ein bisschen von den Erfahrungen, die man in Flandern vor zwei Jahren gemacht hat", sagt der Brüsseler Bürgermeister Close. In Löwen belief sich das Budget auf 25 Millionen Euro insgesamt, also nicht nur der Beitrag der Öffentlichen Hand, sondern alles in allem. Das ist also schonmal eine Hausnummer. Man darf aber nicht vergessen, dass ein solches Ereignis auch enorme positive wirtschaftliche Folgen hat. Die Hotels und das Gaststättengewerbe profitieren unmittelbar von einem solchen Ereignis. Und mittel- bis langfristig betrachtet, wird das Image der Stadt aufpoliert.
Genau dafür eignet sich nichts besser als ein Radsport-Event. Ein Fußballstadion ist letztlich immer ein Fußballstadion. Wo das steht, das interessiert insbesondere die Fernsehzuschauer allenfalls am Rande. Beim Radsport bekommt man hingegen die schönste Postkarte, die man sich wünschen kann. Bestes Beispiel ist natürlich die Tour de France. Die Weltmeisterschaften finden zudem im Wesentlichen auf einem Rundkurs statt. Besser kann man eine Stadt nicht promoten.
Hinzu kommt dann auch nochmal, dass die Radsport-WM an mehreren Tagen stattfindet. Da gibt es zum Beispiel auch noch die Rennen in den verschiedenen Altersklassen oder die Wettbewerbe im Einzelzeitfahren. Und all das natürlich jeweils für Frauen und Männer.
Jetzt muss man nur noch den Zuschlag bekommen, das weiß auch Philippe Close. Der Weltverband UCI wird im August seine Entscheidung treffen. "Aber wir", so sagt Close, "wir haben wirklich all unsere Trümpfe in die Waagschale gelegt".
Roger Pint