Da die Zugriffe erst am Montag stattgefunden haben, halten sich Sicherheitsbehörden und Justiz noch sehr bedeckt, was Einzelheiten angeht. Klar scheint jedoch, dass die Ermittlungen schon eine Weile liefen und dass es sich eigentlich, zumindest ursprünglich, um zwei separate Ermittlungen handelt. Das bestätigte auch Eric Van der Sypt von der Föderalen Staatsanwaltschaft gegenüber der RTBF.
Bei diesen zwei Ermittlungen habe man festgestellt, dass bestimmte Personen konkrete Pläne für die Verübung eines Anschlags in Belgien hatten. Aber im Lauf der wie gesagt ursprünglich separaten Ermittlungen sei aufgedeckt worden, dass es Kontakte zwischen bestimmten Protagonisten der verschiedenen Dossiers gegeben habe.
Die RTBF berichtet in diesem Zusammenhang, dass zunächst zwei Individuen ins Visier der Behörden geraten sein sollen wegen potenziell gewalttätigem Radikalismus. Um diese beiden zentralen Figuren hätten sich dann weitere, potenziell gefährliche Personen gesammelt.
Abgestimmte Hausdurchsuchungen
Das erklärt dann wohl auch, warum die Hausdurchsuchungen aufeinander abgestimmt wurden, obwohl es sich um zwei unterschiedliche Reihen von Zugriffen gehandelt hat: Die föderale Gerichtspolizei von Antwerpen hat nämlich auf Anordnung eines Antwerpener Untersuchungsrichters Objekte in den Antwerpener Stadtgemeinden Merksem, Borgerhout und Deurne durchgeführt, sowie in Molenbeek in Brüssel und in Eupen. Hierbei sind laut Kommuniqué der Föderalen Staatsanwaltschaft fünf Objekte durchsucht und fünf Menschen festgenommen worden.
Die zweite Reihe Hausdurchsuchungen wurde hingegen von der föderalen Gerichtspolizei aus Brüssel unter Regie eines Brüsseler Untersuchungsrichters ausgeführt – sie schlugen in Zaventem am Rand der Hauptstadt zu, sowie in den Stadtgemeinden Molenbeek und Schaerbeek. Hier wurden drei Objekte durchsucht und drei Personen festgenommen.
Einfachheitshalber sprechen wir bis auf Weiteres also von einer "Antwerpener" und einer "Brüsseler Gruppe", auch wenn von offizieller Seite noch keine Begriffe wie Bande, Gruppe oder Zelle benutzt worden sind. Mindestens zwei Personen der Antwerpener Gruppe werden laut Staatsanwaltschaft verdächtigt, konkret einen Anschlag in Belgien vorbereitet zu haben, bei der Brüsseler Gruppe sogar alle drei. Für die Antwerpener Gruppe schreibt die Staatsanwaltschaft, dass noch kein Ziel für einen Angriff ausgewählt gewesen sei. Für die Brüsseler Gruppe wird keine solche Angabe gemacht.
Anschläge mit Schusswaffen geplant?
Über die Identitäten der Terrorverdächtigen gibt es ebenfalls nur sehr spärliche offizielle Angaben. Es handele sich um junge Erwachsene, die sich offenbar in kurzer Zeit radikalisiert hätten, so Van der Sypt gegenüber der VRT. Und es handele sich um radikalen Islamismus.
Die Staatsanwaltschaft hat bislang keine Angaben zur Art der möglicherweise geplanten Anschläge gemacht, in den Medien macht jedoch das Gerücht die Runde, dass die Täter vielleicht mit Schusswaffen zuschlagen wollten. Laut VRT sollen sie dafür noch auf der Suche nach Waffen gewesen sein. Das soll auch der unmittelbare Anlass für das Eingreifen der Sicherheitsbehörden gewesen sein. Bei den Hausdurchsuchungen sind laut RTBF bislang jedenfalls weder Schusswaffen noch Sprengstoff gefunden worden, allerdings sollen Gegenstände beschlagnahmt worden sein für weitere Untersuchungen.
Ebenfalls unbekannt ist, ob die Gruppen gegebenenfalls gemeinsam oder separat Anschläge verüben wollten – die Staatsanwaltschaft betont, dass noch untersucht werden müsse, wie groß die Verflechtung zwischen den Gruppen war.
Festgenommener aus Eupen war der Justiz bekannt
Wie die VRT unter Berufung auf gut informierte Kreise berichtet, soll einer der am Montag festgenommenen acht Verdächtigen auch bereits aktenkundig sein, weil er vor zwei Jahren schon einmal wegen Terrorverdachts festgenommen worden sei. Hierbei soll es sich um einen jungen Eupener handeln, der 2020 gemeinsam mit einem jungen Mann aus Kelmis festgenommen worden war, weil die beiden per Videobotschaft einen Treueeid auf die Terrorgruppe IS abgelegt haben sollen.
Die zwei damals noch Minderjährigen sollen außerdem Pläne gehabt haben, bewaffnet ein Polizeirevier anzugreifen. Wegen ihres Alters seien sie damals aber nur in einer Jugendeinrichtung untergebracht worden. Wie die VRT weiter berichtet, sollen die acht Festgenommenen verschiedene Staatsangehörigkeiten besitzen.
Die allgemeine Terrorwarnstufe in Belgien wird aktuell übrigens nicht angehoben, wie der Anti-Terror-Stab OCAM bestätigt hat. Sie bleibt also auf zwei von vier, das entspricht einer mittleren Bedrohungslage, es sind also keine zusätzlichen Vorsichts- oder Sicherheitsmaßnahmen geplant.
Boris Schmidt
Wir sind alle sprachlos. Wo leben wir?
Nach Verurteilung, sofortige Abschiebung.