Russland ist der größte Diamanten-Exporteur der Welt, jedes Jahr exportiert das Land Edelsteine im Milliardenwert. Und zumindest bis kurz vor dem russischen Überfall auf die Ukraine gingen die meisten dieser Diamanten in die Vereinigten Arabischen Emirate – und nach Belgien.
Seit Beginn des russischen Angriffskrieges ist das ein politisch wie wirtschaftlich höchstsensibles Thema für die Belgier. Sowohl die Ukraine als auch diverse europäische Länder haben Belgien wiederholt aufgefordert, diesen Diamantenhandel zu stoppen. Vergeblich: Diamanten sind noch immer von den europäischen Sanktionen ausgenommen.
Dadurch habe Belgien den Krieg gegen die Ukraine weiter mitfinanziert, sagte Vicky Reynaert, Kammerabgeordnete für Vooruit, der VRT. Die flämischen Sozialisten dringen schon länger auf einen Boykott russischer Diamanten.
Vor allem durch US-Sanktionen sei der Import russischer Diamanten nach Antwerpen zwar stark gefallen – die Vereinigten Staaten sind der größte Absatzmarkt weltweit. Aber weil die Preise so stark gestiegen seien, sei der Wert der Einfuhren dennoch hoch geblieben: Allein in Antwerpen seien noch immer pro Monat russische Diamanten im Wert von 132 Millionen Euro gelandet.
Nun scheint aber auf anderer Ebene Bewegung in die Sache zu kommen: Die G7-Staaten haben sich am Wochenende auf einen Rahmen geeinigt für ein Importverbot für russische Diamanten. Die Initiative dafür sei sogar aus Belgien gekommen, hieß es dazu von Premierminister Alexander De Croo.
Zusammen machen die G7-Länder (Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, die Vereinigten Staaten und Großbritannien) etwa 70 Prozent des Weltmarkts für Diamanten aus. Dadurch seien die G7 in der Lage, den notwendigen Druck aufzubauen, um die Länder, die Diamanten exportieren, zur Befolgung dieses Boykott-Rahmens zu zwingen.
Allerdings ist die G7-Vereinbarung nicht rechtlich bindend: Die Details müssen noch ausgearbeitet und in europäisches und nationales Recht gegossen werden, die russischen Diamanten müssen auch noch formell in die Sanktionsliste aufgenommen werden.
Neben der gesetzlichen Ausarbeitung und Verankerung ist aber noch ein anderer Punkt ganz wichtig: Nachverfolgbarkeit. Denn Russland verschleiert seit Kriegsbeginn systematisch die Herkunft seiner Diamanten, wie das Wochenmagazin "Knack" berichtet. Demnach werden Rohdiamanten beispielsweise erst nach Indien geschickt. Dort werden sie geschliffen und poliert. Danach werden sie als "indische Diamanten" deklariert und weitergehandelt, unter anderem über Dubai.
Der Antwerpener Diamantensektor habe zwar etwas tun wollen gegen russische Diamanten, aber immer befürchtet, dass sich deren Verkauf dann einfach verlagern werde, führte Reynaert aus. Ein Argument, mit dem auch Premier De Croo und Außenministerin Lahbib einen belgischen Alleingang immer abgelehnt hatten.
Mit dem G7-Rahmen werde solchem unlauteren Wettbewerb aber hoffentlich ein Riegel vorgeschoben. Denn mit echter Nachverfolgbarkeit und Herkunftszertifikaten könnten russische Diamanten nicht mehr einfach umdeklariert werden zu Diamanten aus Indien oder aus Dubai - oder zu "Herkunft unbekannt" oder "gemischter Ursprung", wie seit Kriegsbeginn oft auf den Lieferscheinen für Antwerpen stehen soll. Wie Insider "Knack" versichern, ist das nämlich ebenfalls eine Masche, um die Herkunft zu tarnen.
Auch wenn es noch keine Importverbote gebe, wollten viele Kunden doch keine russischen "Blutdiamanten" mehr kaufen, berichtet Knack. Weswegen Russland sich schon jetzt bemühe, die Herkunft seiner Diamanten zu verstecken. Dabei könnten Experten eigentlich schon allein anhand von Merkmalen wie der Farbe erkennen, aus welcher Mine ein Diamant wirklich komme.
Boris Schmidt