Jetzt brechen also auch die ersten belgischen Helfer in das Erdbebengebiet auf. Ein achtköpfiges Team, das zum osttürkisches Luftwaffenstützpunkt Incirlik gebracht wird und dort mit seiner "Aufklärungsmission" beginnen soll. Konkret: Das Team soll einen geeigneten Ort ausfindig machen für das belgische Feldkrankenhaus, das in einer zweiten Phase errichtet werden soll. Denn hier müsse man auf viele Faktoren achten, zum Beispiel auch, was die örtlichen Wetterbedingungen angeht, betonte Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke in der VRT.
Wenn man sich einmal für einen Standort entschieden hat, dann wird eine zweite Gruppe entsandt, die dann das eigentliche Feldlazarett aufbauen soll. Wenn alles läuft, wie geplant, dann soll dieses zweite Team am Wochenende in das Katastrophengebiet aufbrechen. Und spätestens am Donnerstag kommender Woche soll das Feldkrankenhaus dann einsatzbereit sein. Und dann muss auch das medizinische und technische Personal vor Ort sein, sagt Vandenbroucke.
Das Feldlazarett ist das umfangreichste, das Belgien je in ein Katastrophengebiet geschickt hat. Allein das medizinische Personal wird 70 bis 80 Leute umfassen. "Das wird also echt ein kleines Krankenhaus sein", sagt Vandenbroucke. "Ziel ist es, dass bis zu 100 Patienten pro Tag in der Einrichtung versorgt werden können. Mindestens 20 Menschen sollen auch die Nacht in dem Hospital verbringen können. Es soll auch einen Operationstrakt geben. Also: Das ist kein Killefitz", sagt Vandenbroucke.
Mit dabei sein wird auch Professor Doktor Gerlant van Berlaer, bekannter Kinderarzt und erfahrener Katastrophenmediziner. Er wird auch schon Teil des "Aufklärungsteams" sein. Van Berlaer weiß sehr genau, was er und sein Team zu erwarten haben: Aus Erfahrung sei es so, dass in solchen Fällen nur vier von zehn Patienten Traumata aufweisen, also Knochenbrüche oder Schnittwunden, sagte van Berlaer in der VRT. Die meisten Patienten leiden unter Atemwegs-, Verdauungs-, oder Augenbeschwerden.
Koordination oberster Gebot
Die Einrichtung eines Feldlazaretts will jedenfalls gut vorbereitet werden. Und deswegen stimme es auch nicht, dass die belgische Hilfe zu langsam in Gang gekommen sei, sagt Gerlant van Berlaer. Erstmal müsse man schauen, was man eigentlich konkret Hilfe anbieten kann. "Dann muss das betreffende Land, im vorliegenden Fall die Türkei, das Angebot aber auch erstmal annehmen und Grünes Licht geben. Erst dann können wir in die Krisenregion aufbrechen. So wollen es die internationalen Regeln."
An sich sei das aber gar nicht so schlimm, sagt der Katastrophenmediziner. Es gehe ja nun auch nicht, dass einfach jeder unkoordiniert in die Region stiefelt, dann hilft das den Opfern herzlich wenig.
Genau das betont auch Frank Vandenbroucke: Koordination ist hier oberstes Gebot; ansonsten tritt man sich gegenseitig auf die Füße. Und, er wolle jetzt auch nicht mehr auf die Vergangenheit zurückkommen. Ja, diverse Sparmaßnahmen hätten nunmal dazu geführt, dass das belgische Such- und Rettungsteam nicht mehr existiert. Diese Regierung setze jetzt auf Feldlazarette. Und Belgien gehöre jetzt zu den wenigen Ländern, die das anbieten können. Und das, wohlgemerkt, auf ausdrücklichen Wunsch der türkischen Behörden.
Außerdem ist die belgische Hilfe eher mittel- bis langfristig angelegt. Unser Feldlazarett wird wohl auch noch in den nächsten Wochen und Monaten gebraucht, da ja die Gesundheits-Infrastruktur in der Region ebenfalls am Boden liegt. Und die Krankenhäuser, die noch funktionieren können, stehen unter enormem Druck.
Hilfe in zwei Phasen
Es wird die größte Rettungseinrichtung dieser Art sein, die Belgien je in ein Krisengebiet geschickt hat. Auch vor diesem Hintergrund wies Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke noch einmal die Kritik zurück, wonach die Regierung zu langsam auf die Katastrophe in der Türkei reagiert habe.
Bei einer Katastrophe dieser Art verläuft die Hilfe in zwei Phasen. Erstmal braucht man Such- und Rettungsmannschaften. Die müssen so schnell wie möglich vor Ort sein, um Überlebende zu finden und zu bergen. "Die Türkei hat aber auch um Feldlazarette gebeten und auf diese Anfrage sind wir eingegangen", sagte Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke in der VRT. Und das sei der Grund, warum die belgischen Helfer erst in der zweiten Phase aktiv werden. "Wir bieten etwas anderes an als die Länder, die schon vor Ort sind."
70 bis 80 medizinische Mitarbeiter werden in dem Feldlazarett tätig sein, die mehr als 100 Patienten pro Tag versorgen können. Mit dem Aufbau der Rettungsstation soll am Wochenende begonnen werden. Am kommenden Donnerstag soll die Einrichtung einsatzbereit sein.
Roger Pint