Belgien sei "nur zum Teil" in der Spur, urteilt die EU-Kommission. Die EU-Staaten hätten sich im Juli auf eine Reihe von Haushaltsrichtlinien verständigt, an die sich Belgien allerdings nur bedingt halte, wird aus dem Herbstgutachten der Kommission zitiert.
Konkret: Belgien gibt zu viel Geld aus. Im kommenden Jahr wird sich das Haushaltsdefizit auf 5,8 Prozent belaufen. Belgien ist damit Europameister. Kommissions-Vizepräsident Valdis Dombrovskis hob Belgien ausdrücklich hervor: "In einigen Ländern steigen die Ausgaben zu schnell - und das gilt insbesondere für Belgien". Da könne man auch nicht mehr die Krise als Entschuldigung vorschieben, heißt es weiter sinngemäß in dem Bericht.
Es gibt da zunächst einige belgische "Eigenheiten" wie die Lohn-Index-Anpassung, die, was den Staat angeht, die Beamtengehälter und die Sozialleistungen ansteigen lässt.
Der größte Kritikpunkt betrifft aber die eigentliche Krisenbekämpfung: "Brüssel" moniert vor allem, dass die belgischen Hilfsmaßnahmen zur Abfederung der hohen Energiepreise "nicht zielgerichtet genug" gewesen seien. Zu viele Menschen hätten Unterstützung bekommen, auch diejenigen, die es vielleicht nicht so nötig gehabt hätten.
Ums mal in ein Bild zu fassen: Die Föderalregierung hat die Gießkanne genommen, statt sich ausschließlich um die schwachen Pflänzchen zu kümmern. Premierminister Alexander De Croo zieht sich diesen Schuh aber durchaus an. "Wenn die EU-Kommission bemängelt, dass die Energiehilfen zu breit angelegt gewesen seien, dann kann ich nur sagen: Ja, das stimmt", sagte De Croo in der VRT.
"Wir haben erstmal die unterstützt, denen wirklich das Wasser bis zum Hals stand. Wir haben aber auch der Mittelklasse unter die Arme gegriffen und das aus gutem Grund. Denn auch diese Menschen sahen zumindest einen Moment lang kein Licht mehr am Ende des Tunnels."
Mehrwertsteuer vs. Akzisen
Er sei sich aber natürlich dessen bewusst, dass das nicht endlos so weitergehen könne, sagt De Croo. "Die Maßnahmen werden zielgerichteter werden müssen." In diesem Zusammenhang fällt häufig ganz schnell der Begriff "Mehrwertsteuer auf Energieprodukte". Nicht umsonst war es genau dieser Punkt, der der früheren Haushaltsstaatssekretärin Eva De Bleeker den politischen Hals gebrochen hat.
Es ist so: Eine Hilfsmaßnahme der Regierung bestand darin, die Mehrwertsteuer auf Energieprodukte abzusenken auf sechs Prozent. Diese Maßnahme ist nach wie vor in Kraft. Das kostet aber Geld, in dem Sinne, dass die Steuereinnahmen für den Staat geringer ausfallen. Eva De Bleeker hatte diese Mindereinnahmen in ihrem Haushaltsentwurf berücksichtigt, entsprechend fiel das Defizit höher aus.
Premierminister Alexander De Croo betont seinerseits immer wieder, dass diese Mehrwertsteuersenkung nur dann beibehalten wird, wenn sie durch eine Reform der Akzisen "gegenfinanziert" wird. Und dieser Argumentation sei die EU-Kommission gefolgt. "Gegenfinanziert", das heißt also, dass daraus - aus rein haushaltspolitischer Sicht - eine Nulloperation wird.
Deswegen kritisiert die Opposition denn auch, dass die Regierung mit einer Hand gebe, um es mit der anderen wieder zu nehmen. De Croo will das nicht so stehen lassen: Akzisen seien ein viel präziseres Steuerinstrument, sagt De Croo. "Man kann Anreize setzen, um den Übergang von Gas auf Strom zu fördern. Man kann aber auch gezielter Großverbraucher besteuern und auf der anderen Seite diejenigen belohnen, die Energiesparanstrengungen unternehmen."
Das ist eben der Unterschied: Die Mehrwertsteuer trifft jeden gleichermaßen, bei Akzisen kann die Regierung hingegen die Last so verteilen, wie sie es für richtig hält, zum Beispiel eben auch die schwachen Schultern schonen.
Dennoch ist Belgien im Moment eben "nur teilweise" in der EU-Haushaltsspur. Strafmaßnahmen drohen deshalb aber erstmal nicht. Und doch wolle er nochmal betonen, dass die Föderalregierung die Anmerkungen der EU-Kommission natürlich sehr ernst nehme, sagt der Premier. Man werde sie auch in die Politik einfließen lassen. Wie genau, dazu wolle er sich aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht äußern.
Roger Pint