Ein schick gekleideter Mann geht etwas unsicheren Schrittes durch einen ehrwürdigen Flur. "Das muss wohl der Palast sein", denkt man sich - zumal der Mann offensichtlich von einem Saaldiener begleitet wird.
Jetzt sieht man, um wen es sich handelt: Es ist Nationaltrainer Roberto Martinez, der nochmal seinen Krawattenknoten gerade rückt. Ein Saaldiener führt ihn in einen Raum. "Bitte warten Sie hier", sagt der Saaldiener und lässt den Gast alleine. Roberto Martinez schaut sich interessiert um.
"Devil-Time"
Sein Blick fällt auf ein Fußball-Trikot, auf dem der Name Filip/Philippe steht. Dann eine "Enzyklopädie der Roten Teufel", Hausschuhe mit dem Logo des Nationalen Fußballverbandes und Fotos, die Rote Teufel zeigen.
Zum Schluss sieht er ein geheimnisvolles Notizbuch. Martinez wagt einen Blick hinein. Es handelt sich offensichtlich um Taktikanweisungen für eine Fußballmannschaft. Martinez wirkt beeindruckt, vertieft sich in die Lektüre und merkt gar nicht, dass inzwischen König Philippe den Raum betreten hat. Martinez ist peinlich berührt, hat er doch gerade in einem persönlichen Notizbuch des Königs herumgeblättert! "Verzeihen Sie, das wollte ich nicht", entschuldigt sich Martinez. "Es sind nur Vorschläge", erwidert der König gelassen. "Aber ich weiß, warum Sie gekommen sind." "Devil-Time" (Rote-Teufel-Zeit), sagt König Philippe und sein Gesicht hellt sich auf.
Anweisungen in Tubize
Dann wird es wirklich kurios: Man sieht den Trainingsplatz der Roten Teufel in Tubize. Am Spielfeldrand steht der König, der mit der Trillerpfeife im Mund das Training offensichtlich leitet, der sogar den Akteuren Anweisungen gibt. Auch einem gewissen Kevin De Bruyne. "Kevin: Im Buch steht, dass du da spielen musst". "OK!", sagt der Mittelfeldspieler brav und begibt sich auf die Position.
Der königliche Coach ist aber nicht immer zufrieden. "Allez! Ein bisschen schneller". Doch viel öfter gehen die Daumen hoch. Applaus vom Aushilfscoach, der dann am Ende dem eigentlichen Trainerstab noch seinen Unterarm zeigt. Man sieht ein Tattoo, das den Weltmeisterpokal zeigt: "Belgium 2022".
Gelungene PR-Aktion
So locker hat man den König eigentlich noch nie gesehen. Das alles macht ihm sichtlich Spaß. Das Ganze ist zudem angenehm spontan, um nicht zu sagen: authentisch.
Dass die PR-Aktion gelungen ist, sieht man an der Resonanz. In Sozialen Netzwerken ging der Clip schnell viral - anscheinend sogar bis nach Bolivien und Mexiko. Selbst auf Twitter, wo Lob und Zuspruch so selten sind wie Schneebälle in der Wüste, gab es größtenteils fast schon enthusiastische Kommentare. Die Zeitung Het Laatste Nieuws spricht denn auch von der womöglich "besten Charmeoffensive aller Zeiten".
Einen Verweis auf den WM-Austragungsort Katar gibt es nicht. Das Video könnte im Grunde gleich wann entstanden sein.
Initiative vom Palast
Die Bilder wurden erst vor wenigen Tagen gedreht, kurz vor dem Abflug der Roten Teufel nach Kuwait. Die Initiative kam offenbar vom Palast.
Traditionell besucht der König das letzte Training, bevor die Roten Teufel zu einer Meisterschaft abreisen. Diesmal habe man nicht wieder Bilder zeigen wollen, auf denen nur Händeschütteln zu sehen ist, sondern "mal was anderes", zitiert Het Laatste Nieuws den Kommunikationsbeauftragten des Palastes.
Der König habe sich als bekennender Fußballfan sogar selbst in die Produktion eingebracht und teilweise sogar improvisiert. Lob gab es auch von den Machern des Clips: Der König habe seine Rolle perfekt gespielt - entsprechend das Ergebnis: Ein gelungener Film.
Roger Pint