"Keine Feuerstelle ohne Rauchabzug: Verbrennungsgase müssen entweichen können." Ein Ausschnitt aus einer Sensibilisierungskampagne des Antigiftzentrums. Die ist in diesen Zeiten der Energiekrise anscheinend mehr als nötig. Denn manche Leute greifen auf die abenteuerlichsten Alternativen zurück, um ihre Wohnung möglichst kostengünstig zu heizen.
Die famosen "Teelichtöfen" sind da nur ein Symptom und stehen symbolhaft für eine Entwicklung. Wie der Name es schon vermuten lässt, besteht da die Wärmequelle aus einem oder mehreren Teelichtern. Der eigentliche "Heizkörper" ist ein Blumentopf aus Ton, der auf einer Eisenstange thront, von den Kerzchen gewärmt wird und der die Hitze dann abstrahlen soll. In einem bekannten Online-Warenhaus werden diese Teelichtöfen für manchmal 40 Euro und mehr angeboten - 40 Euro für ein paar Kerzchen und einen Blumentopf.
Die Feuerwehr warnt vor solchen Apparaturen. Erstmal, weil sie im wahrsten Sinne des Wortes "brandgefährlich" sind. Vor allem, wenn mehrere dieser Kerzchen eng nebeneinander platziert werden, steigt die Gefahr eines Paraffinbrandes oder einer Verpuffung.
"Stiller Killer"
Hinzu kommt: Jede Verbrennung setzt Kohlenmonoxid frei. Grob zusammengefasst sorgt Kohlenmonoxid dafür, dass das Blut keinen Sauerstoff mehr aufnehmen kann. Man erstickt - das oft, ohne es zu merken: Kohlenmonoxid riecht und schmeckt man nicht. Erste Anzeichen einer Vergiftung sind Kopfschmerzen oder Übelkeit - nichts wirklich Außergewöhnliches. Wenn sich klarere Symptome zeigen, ist es oft schon zu spät, weil man dann schon weggedämmert ist. Nicht umsonst nennt man Kohlenmonoxid den "stillen Killer".
Genauso wenig wie ein paar Kerzen ein ganzes Zimmer heizen können, so unwahrscheinlich ist es auch, dass sie - für sich allein - eine handfeste Kohlenmonoxid-Vergiftung hervorrufen. Dennoch: Jede offene Flamme ist eine zu viel, zumal in Räumen, die wegen der hohen Energiepreise ohnehin schon seltener gelüftet werden.
60 Todesopfer
Fakt ist jedenfalls: Dieser stille Killer "Kohlenmonoxid" schlägt in diesem Jahr häufiger zu als sonst. Beim Antigiftzentrum gingen wesentlich mehr Anrufe ein als sonst. Schlimmer noch: "2022 gab es schon 60 Todesopfer zu beklagen, gegenüber 30 im vergangenen Jahr", sagte in der RTBF Professor Dominique Vandijck, der stellvertretende Direktor des Antigiftzentrums. Die Zahl hat sich schon jetzt mindestens verdoppelt.
Dieser Trend macht auch der zuständigen Vizepremierministerin Petra De Sutter Sorgen. "Ursache ist vermutlich, dass die Menschen wegen der hohen Energiekosten schlicht und einfach falsch heizen", sagte die Groen-Politikerin in der VRT. Also, dass sie zu wenig lüften und dass sie auch minderwertige oder schlecht eingestellte Heizgeräte benutzen. Gemeint sind hier ausschließlich Geräte, in denen eine Verbrennung stattfindet: Öfen, die schlecht eingestellt sind oder die vielleicht sogar über keine direkte Rauchabzugsvorrichtung nach außen verfügen.
Dann sind da eben noch die improvisierten Heizapparaturen. Richtig gefährlich wird es, wenn man sich nicht auf Teelichter beschränkt, sondern die ganz dicken Bretter bohren will. "Warum ein Teelichtofen, wenn die Lösung doch im Gartenhäuschen steht?", haben sich anscheinend zwei Leute gedacht, die kürzlich wegen Kohlenmonoxid-Vergiftung ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten. "Als wir dort ankamen,", so erklärte in der RTBF Michel Méan, ein Sprecher der Hilfeleistungszone Hennegau-Ost, "da fanden wir in der Wohnung einen Holzkohlegrill vor, der als Heizung dienen sollte. Gerade Holzkohle setzt unheimlich große Mengen Kohlenmonoxid frei."
"Die steigende Zahl der Kohlenmonoxidvergiftungen sei in jedem Fall ein Alarmsignal", sagt Vizepremierministerin Petra De Sutter. Jetzt, da endgültig die kalte Jahreszeit anbricht und in diesen Zeiten der Energiekrise, sei es nötiger denn je, noch einmal auf die Gefahren hinzuweisen.
Alle Informationen sind beim Antigiftzentrum unter der Telefonnummer 070/ 245 245 erhältlich.
Roger Pint