Grundlage für die Verhandlungen sind überarbeitete Vorschläge der EU-Kommission. Die hat unter anderem einen Gesetzesvorschlag formuliert für gemeinsame Gaseinkäufe der EU-Staaten. Durch die Bündelung soll verhindert werden, dass sich die Länder in Zukunft wieder gegenseitig überbieten. Durch gemeinsame Verhandlungen soll stattdessen eine stärkere Position erreicht werden, um die Preise besser drücken zu können.
Ein Dauerbrennerthema ist auch dieses Mal wieder die Deckelung der Gaspreise, die von vielen Mitgliedsstaaten gefordert wird, darunter auch seit Monaten energisch von Belgien. Allerdings hat die EU-Kommission weiterhin keinen konkreten Vorschlag dafür vorgelegt, nur die Aussicht, dass im Fall extremer Preise ein dynamischer Preisdeckel vorgeschlagen werden könnte für den Gas-Großhandelsplatz TTF.
Als Ergänzung zum bestehenden TTF-Gaspreisindex will die Kommission außerdem einen neuen Preisindex für Flüssiggas ausarbeiten. Denn der TTF-Index, an dem sich die Gaspreise aktuell orientieren, basiert auf Pipeline-Gas. Aber seit Beginn des russischen Angriffskrieges wird Pipeline-Gas immer stärker durch Flüssiggas ersetzt. Durch den neuen Preisindex sollen die Preise stabiler und vorhersehbarer werden. Die Kommission will außerdem die Idee prüfen lassen, ob man einen Höchstpreis für Gas einführen könnte, das zur Herstellung von Elektrizität genutzt wird.
Alles nur Vorschläge wohlgemerkt und die Positionen diverser Mitgliedsstaaten liegen noch immer weit auseinander. Davon will sich Premierminister Alexander De Croo aber nicht entmutigen lassen: Deswegen mache man einen Gipfel und deswegen werde man sich gegenseitig zuhören, versicherte De Croo bei seiner Ankunft. Er habe natürlich nach wie vor Verständnis für die Sorgen von Ländern wie Deutschland und den Niederlanden um ihre Versorgungssicherheit. Aber er glaube, dass die Vorschläge der Kommission Rücksicht auf diese Einwände nähmen.
Belgien finde die Vorschläge der EU-Kommission interessant, so De Croo. Schließlich enthielten sie viele Elemente, die Belgien in den vergangenen Monaten auf den Tisch gelegt habe. Er sei dafür, dass die Kommission und die Energieminister nun die Details dazu ausarbeiten sollten. Das sähe auch eine sehr große Mehrheit der anderen Länder so, wenn eben auch noch nicht alle.
Jetzt lägen für ihn jedenfalls alle notwendigen Puzzleteile auf dem Tisch. Es habe schon viele Gipfel zum Thema gegeben, bei denen man oft "Nein" gehört habe. Vielleicht sei der jetzige Gipfel einer, bei dem man öfter "Ja" hören sollte, ein Gipfel der möglichen Maßnahmen. Er glaube, dass diese Maßnahmen eine deutliche Wirkung auf die Preise haben würden – und auch auf die Versorgungssicherheit. Es sei wichtig, dass sie umgesetzt würden, denn es gebe langfristige Reformen, die angegangen werden müssten. Nur so könne das Problem an der Wurzel gepackt werden, nur so könnten bereits ergriffene, nationale Maßnahmen ergänzt und wirksamer gemacht werden.
Jetzt sei der Augenblick, um zu beweisen, dass man als europäische Länder gemeinsam handeln könne. Wie wichtig solche Signale seien, das sehe man ja auch an den bereits fallenden Gaspreisen an den Großhandelsmärkten. Er hoffe, dass sich das auch bald auf den Rechnungen der Bürger bemerkbar machen werde.
Aber mit Signalen ist es eben nicht getan, De Croo will endlich Maßnahmen, wie er auch im Vorfeld unterstrich. "Niemand weiß, was die Zukunft bringen wird", sagte er der VRT. Die Preise würden aktuell zwar sinken und er hoffe auch, dass sich das fortsetzen werde. Aber falls sie doch wieder steigen sollten, dann wolle er auf jeden Fall eine Möglichkeit haben, um das unter Kontrolle zu bekommen.
Boris Schmidt