Endlich wieder ein "normaler" Nationalfeiertag. Und der begann, wie jeder 21. Juli "eingeläutet" wird. Das Te Deum in der Brüsseler Kathedrale St. Michael und St. Gudula darf an einem Nationalfeiertag nicht fehlen. Erstmals seit 2019 gab es dabei keine Auflagen: keinen Sicherheitsabstand und auch keine Maskenpflicht.
Die Königsfamilie konnte im Anschluss auf dem Vorplatz auch endlich wieder ein Bad in der Menge nehmen, sehr zur Freude der einigen Hundert Schaulustigen, die gekommen waren, um König Philippe und Königin Mathilde sowie ihren vier Kindern zuzujubeln. Das Ganze allerdings im Regen, die Hauptstadt hatte die "Drache Nationale" schon am Vormittag abbekommen.
Direkt nach dem Te Deum fiel der Startschuss für das Fest im Park. In der RTBF zeigten sich Teilnehmer sehr glücklich darüber, dass das Fest nach zwei Jahren wieder stattfinden kann.
Nach den abgespeckten Versionen der letzten beiden Jahre war das traditionelle Defilee der militärischen und zivilen Einheiten am Nachmittag auch wieder ein "vollwertiges". Auf der Ehrentribüne fehlten nur König Albert und Königin Paola. Ansonsten war die Königsfamilie vollzählig: König Philippe trug wie immer die Uniform eines Vier-Sterne-Generals. Er wurde begleitet durch die berittene Königliche Eskorte, die trotz einer Streikankündigung am Ende doch noch ihre traditionelle Rolle übernommen hat.
Die vier Kinder des Königspaars waren auch wieder "vollzählig". Im vergangenen Jahr hatte Prinzessin Elisabeth ja selbst an der Parade teilgenommen, zusammen mit ihrem Offiziersanwärter-Jahrgang. Prinz Laurent war diesmal wieder in Begleitung seiner Frau, Prinzessin Claire. Für Prinzessin Delphine war es das zweite Defilee. Nachdem sie im letzten Jahr mit einem extravaganten Kleid für Aufsehen gesorgt hatte, war sie diesmal nüchterner gekleidet, abgesehen von einer großen weißen Taube auf ihrem Rock.
Und natürlich stand auch die Parade im Zeichen des Kriegs in der Ukraine und der neuerlichen Bedrohung durch Russland. Die Streitkräfte sollen ja in den nächsten Jahren personell und materiell aufgestockt werden. Der milliardenschwere Haushalt wurde gerade erst verabschiedet. Bei der Parade wurden schon einige Neuanschaffungen präsentiert.
Ein erstes Highlight ist immer die Flugshow, die allerdings wegen der Wetterbedingungen eingeschränkt werden musste. In diesem Jahr gab es keine dreifarbige Rauchspur in den Landesfarben, sondern in erster Linie Hubschrauber.
Beim Defilee der Bodeneinheiten gab es in diesem Jahr eine bemerkenswerte Neuerung, ein "dynamisches" Element, wie es hieß: Spezialkräfte simulierten während der Parade einen Einsatz, einige von ihnen seilten sich aus einem Hubschrauber über dem Stadtschloss ab.
Beim Defilee der zivilen Einheiten wurden einmal mehr die Hilfskräfte des Landes gewürdigt, die ja im letzten Jahr bei der Flutkatastrophe auf eine harte Probe gestellt wurden. Mit dabei war auch ein Rettungsfahrzeug, das vor einigen Wochen in der Ukraine zum Einsatz gekommen war.
In den Tribünen saßen übrigens auch 50 "Helden des Alltags" - Menschen, die ausgesucht worden waren, weil sie Außerordentliches geleistet haben, auch insbesondere bei den Überschwemmungen vor einem Jahr.
Im Anschluss begann im populären Marolles-Viertel wieder das "Resto National": Muscheln mit Fritten für alle. Das Fest im Park geht noch weiter mit einem großen Konzert im Brüsseler Cinquantenaire-Park mit belgischen Künstlern. Den Abschluss bildet das traditionelle Feuerwerk, das diesmal ebenfalls im Cinquantenaire abgebrannt wird.
Insgesamt ein Nationalfeiertag, der im Zeichen der Freude stand: Freude darüber, dass es nach zwei Pandemie-geprägten Jahren wieder möglich ist, gemeinsam zu feiern.
Roger Pint