Wie essenziell der Gesundheits- und Pflegesektor für das Funktionieren einer Gesellschaft ist, sollte eigentlich offensichtlich sein. Allerspätestens die Corona-Pandemie sollte das allen vor Augen geführt haben. Genau das hat auch der föderale Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke (Vooruit) am Mittwoch erneut betont. Das Gesundheitssystem sei einfach von unschätzbarem Wert, so Vandenbroucke; Investitionen in das Gesundheitssystem bedeuteten Investitionen in alle Menschen im Land.
IFIC-System zur Neu-Einordnung von Funktionen
Diese Investitionen aus dem föderalen Portemonnaie, die der Minister am Mittwoch angekündigt hat, betreffen eine ganze Reihe unterschiedlicher Bereiche:
Da ist zunächst das sogenannte IFIC-System zur Neu-Einordnung von Funktionen im Gesundheits- und Pflegesektor. In diesem neuen Funktionsmodell werden Arbeitnehmer nicht mehr nach ihrem Abschluss, also Diplom bezahlt, sondern nach der Art der Aufgaben, die sie erfüllen. 500 Millionen Euro sind für die Einführung dieses IFIC-Systems im Sektor vorgesehen.
In der Praxis soll das dazu führen, dass insbesondere neue Mitarbeiter mit einem höheren Lohn einsteigen werden. Bis zu acht Prozent mehr könne das zu Karrierebeginn bei Pflegehelfern oder administrativen Mitarbeitern ausmachen, so der Gesundheitsminister.
Jahresendprämien erhöht - Attraktivitätsprämie
Außerdem soll es Geld zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen geben. Das heißt in diesem Fall: Prämien für die Angestellten. Im Privatsektor sollen hierzu die Jahresendprämien erhöht werden. Für die föderalen Angestellten des öffentlichen Dienstes im Gesundheitssektor soll hingegen eine sogenannte Attraktivitätsprämie kommen. Hierbei handelt es sich insgesamt etwa um 125.000 Arbeitnehmer, die in allgemeinen und in psychiatrischen Krankenhäusern oder auch in der häuslichen Pflege tätig sind. 100 Millionen Euro sieht die Staatskasse für diese Maßnahme vor.
Jeder, der im föderalen Gesundheitssystem arbeite, also vor allem in den Krankenhäusern, erläuterte Vandenbroucke in der VRT, solle Ende des Jahres eine zusätzliche Prämie erhalten in Höhe von maximal 400 Euro. Das sei natürlich für eine Vollzeitanstellung, bei einer Halbtagsstelle seien es dann etwa 200 Euro und so weiter. Außerdem sei das brutto, Abgaben und so weiter müssten also auch noch abgezogen werden.
Er gebe zu, dass das nicht enorm viel Geld sei, so der Minister. Aber mit dieser kleinen Extra-Prämie runde man das große Sozialabkommen ab, auf das sich die Sozialpartner Ende letzter Woche geeinigt hätten und das nun eben in die Praxis umgesetzt werde. Ausbezahlt werden soll diese Prämie immer im Dezember, zum ersten Mal logischerweise also in rund einem halben Jahr.
Zwei Tage Urlaub aus zwingenden Gründen
Unter die Verbesserung der Arbeitsbedingungen fällt aber auch noch eine weitere Neuerung: Angestellte im privaten Gesundheitssektor sollen zwei Tage Urlaub aus zwingenden Gründen nehmen dürfen pro Jahr bei voller Lohnfortzahlung. Zu diesen zwingenden Gründen gehören beispielsweise Unfall oder Krankheit naher Angehöriger. Die zwei Tage dürfen allerdings nicht am Stück genommen werden.
Eine weitere Maßnahme soll die personelle Verstärkung des Personalwesens sein. Dafür will der Föderalstaat weitere sieben Millionen Euro bereitstellen. Das soll es den Abteilungen Personalwesen ermöglichen, sich besser auf den Faktor "Wohlbefinden am Arbeitsplatz" zu konzentrieren. Darunter fallen beispielsweise Dienstpläne, Fortbildungen oder auch die Prävention von Burn-outs.
Extraprämie für spezialisierte Pflegekräfte
Einen zusätzlichen Geldregen soll es für die spezialisierten Pflegekräfte geben. 45 Millionen Euro werden hierfür aufgewendet werden. Hier geht es um rund 15.000 bis 17.000 Menschen, die beispielsweise auf Intensivstationen, in Notaufnahmen oder auch in der Neonatologie arbeiten, also in der Gesundheitsversorgung für Neugeborene. Diese Arbeitnehmer sollen eine Extraprämie bekommen, die jeweils im September ausgezahlt werden soll. Die Höhe dieser Prämie richtet sich dabei nach der Ausbildung. Diese Maßnahme soll aber erst ab nächstem Jahr greifen. Ab 2023 könne jemand, der zum Beispiel Vollzeit auf einer Intensivstation arbeite, bis zu 2.500 Euro zusätzlich erhalten, rechnete Vandenbroucke vor.
Soweit zumindest die Pläne und Ankündigungen des föderalen Gesundheitsministers. Denn formell muss am kommenden Freitag noch der Ministerrat diesen Entscheidungen zustimmen. Anschließend muss auch noch der Staatsrat grünes Licht geben für diese Aufwertung der Arbeit im Gesundheits- und Pflegesektor.
Boris Schmidt