Für den Parteivorsitz gibt es eigentlich keine Diskussion mehr. Da fällt immer nur ein Name: Sammy Mahdi, derzeit Staatssekretär für Asyl und Migration in der Föderalregierung. Mahdi war schon bei der letzten Vorsitzenden-Wahl Kandidat, er verlor damals nur knapp gegen Joachim Coens. Jetzt ist der Weg frei und es gilt quasi als sicher, dass Sammy Mahdi schon bald der neue Vorsitzende der CD&V sein wird.
Mahdi ist gerade mal 33 Jahre alt. Er gilt als Hoffnungsträger, als Mann der Zukunft. So eine Person wird die Partei aber auch brauchen: Die CD&V, die jahrzehntelang in Flandern allmächtig war, kämpft nämlich inzwischen ums Überleben.
Im Gegensatz dazu gilt im Moment noch als völlig offen, wer der oder die Nachfolgerin von Wouter Beke werden soll. Theoretisch soll der Noch-Parteichef Joachim Coens dem Parteirat am Montagabend einen Vorschlag unterbreiten. Der Parteirat, das ist so eine Art erweiterter Vorstand, dem 150 Mitglieder angehören.
Es kann ein richtiges Stühlerücken werden, denn der Stuhl von Wouter Beke ist nicht der einzige, der frei wird. Wenn Sammy Mahdi tatsächlich Parteichef wird, dann muss er in der Föderalregierung ersetzt werden. Also sind schon zwei neue Leute gesucht, die Regierungsämter bekleiden können.
Und zur Nachfolge von Wouter Beke: Es geht wahrscheinlich nicht nur darum, den Mann einfach durch eine andere Persönlichkeit auszutauschen. Vielmehr gehen Beobachter davon aus, dass die CD&V ihre Zuständigkeiten komplett neu ordnen könnte und intern neu verteilt. Und dass vielleicht dann auch Minister quasi ihre "Mütze" wechseln müssen.
Ein Beispiel könnte Hilde Crevits sein, derzeit die starke CD&V-Frau in der flämischen Regierung, zuständig für Beschäftigung und Landwirtschaft. Möglich ist, dass man sie zur Gesundheitsministerin macht, dass sie die Landwirtschaft aber behält. Dann müsste die CD&V plötzlich eben nach einem neuen Beschäftigungsminister suchen.
Von der größten zur kleinsten Partei
Das hat damit zu tun, dass Wouter Beke eben nicht irgendwer war. Beke war mal Parteichef und bislang ein Schwergewicht in der CD&V. So einer ist nicht so einfach zu ersetzen. Es geht aber auch um die Sichtbarkeit der Partei in den verschiedenen Regionen in Flandern. Beke kommt aus der Provinz Limburg - man braucht also einen neuen Limburger. Deswegen fallen immer wieder die Namen von Vera Jans oder Wim Dries, beide aus Limburg.
Die CD&V kann es sich nicht leisten, einen Fehler zu machen. Für die Partei geht es ums Überleben. Und genau das macht aus dem Ganzen ein Thema, das auch über Flandern hinaus die Blicke auf sich zieht. Die CD&V (früher: CVP) war vor 20 Jahren noch die mit Abstand größte Partei. Wer damals Parteivorsitzender war, der wurde fast sicher auch Premierminister oder mindestens flämischer Ministerpräsident. Man sprach vom "CVP-Staat", ohne sie ging nichts.
Laut der letzten Umfrage, die so viel Staub aufgewirbelt hat, steht die CD&V jetzt bei unter neun Prozent. Sie wäre damit die kleinste flämische Partei. Was für ein Absturz! Wenn die Partei das Ruder noch herumreißen will, dann muss sie jetzt wirklich die richtigen Leute auf die richtigen Stühle setzen.
Solche Vorgänge kann man ganz deutlich auch schon in anderen Ländern beobachten, da muss man nur an Frankreich denken. Da sind die Konservativen und die Sozialisten - zwei bis vor Kurzem noch staatstragende Parteien - in der Versenkung verschwunden. Die Gaulisten und die Sozialisten schafften nicht mal mehr die Fünf-Prozent-Hürde.
In Flandern weisen zumindest die aktuellen Umfragen darauf hin, dass den alten traditionellen Parteien der Mitte etwas Ähnliches droht. Eben deswegen ist es tatsächlich spannend, wie sich die Dinge in Flandern entwickeln, eben insbesondere bei der CD&V.
Roger Pint