Der Föderalstaat hat deswegen eine neue Taskforce ins Leben gerufen.
Dem einen oder anderen wird es aufgefallen sein: Wenn man durch die Supermärkte geht, dann gibt es immer wieder Lücken in den Regalen. Das war allerdings auch schon vor der Invasion Putins so. Denn oft sind diese Lücken auf Preisstreitigkeiten zwischen den Händlern und den Herstellern zurückzuführen. Die haben wiederum viel mit den Post-Corona-Lieferketten-Problemen und den stark gestiegenen Energiekosten zu tun.
Keine Nahrungsmittelknappheit
Es gebe keinen Mangel beziehungsweise Nahrungsmittelknappheit, unterstrich der föderale Wirtschaftsminister Pierre-Yves Dermagne gegenüber der RTBF.
Gemeinsam mit den Diensten des FÖD Wirtschaft und den verschiedenen Sektoren überwache man die Situation seit mittlerweile einem Monat, sprich seit dem Beginn des Ukraine-Krieges. Man könne zum jetzigen Zeitpunkt wirklich nicht von einem Mangel reden, so Dermagne.
Logistisches Problem
Auch der Einzelhandelsverband Comeos habe keinerlei Hinweise darauf, dass es in den verschiedenen Abteilungen der Supermärkte zum jetzigen Zeitpunkt eine echte Nahrungsmittelknappheit gebe, so Verbandschef Dominique Michel per Kommuniqué.
Man habe aber festgestellt, dass sich die Verbraucher auf bestimmte Produkte stürzten. Das sei auch während der Lockdowns in der Gesundheitskrise so gewesen. Die Regalauffüller kämen da schlicht und ergreifend manchmal nicht nach, die leeren Regale könnten also nicht immer umgehend neu bestückt werden. Das sei aber eindeutig vor allem ein logistisches Problem, so Michel.
Der Comeos-Geschäftsführer ruft die Kunden deshalb zu einem solidarischeren Verhalten auf. Sie sollten bitte nur das kaufen, was sie auch bräuchten und keine Vorräte zu Hause anlegen, sprich hamstern. Auch Vertreter des Landwirtschaftssektors versicherten, dass die Nahrungsmittelsicherheit nicht gefährdet sei.
Taskforce
Aber was jetzt nicht ist, das kann ja vielleicht noch werden. Und das ist wohl auch das, worauf sich die Föderalregierung vorbereiten will. Es gibt zwar sehr unterschiedliche Einschätzungen, aber es steht außer Frage, dass sowohl die Ukraine als auch Russland bei bestimmten Nahrungsmitteln zu den ganz großen Exporteuren gehören.
Deswegen eben die neue Taskforce, die auf eine gemeinsame Initiative von Wirtschaftsminister Dermagne, Minister für den Mittelstand, die Selbständigen, die kleinen und mittleren Betriebe und die Landwirtschaft David Clarinval und Staatssekretärin für den Verbraucherschutz Eva De Bleeker zurückgeht. Diese Taskforce beinhaltet unter anderem Mitglieder der verschiedenen zuständigen föderalen und regionalen Behörden, der Landwirtschaftsverbände, der Sektorenverbände der Nahrungsmittelindustrie und der Firmen selbst.
Man wisse, dass sich der Krieg auf bestimmte Produktionsketten des Nahrungsmittelsektors auswirken werde, unterstrich Dermagne. Mithilfe der Taskforce wolle man mögliche Entwicklungen beziehungsweise Verschlechterungen der Situation antizipieren. Das Ziel ist also ganz explizit nicht, erst zu reagieren, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Das Ziel ist, durch die konstante Überwachung und Beobachtung der Lage bestimmte Entwicklungen vorwegzunehmen, damit es gar nicht erst zu Problemen kommt. Und falls doch, damit diese möglichst begrenzt bleiben. Dafür sollen konkrete Aktionspläne ausgearbeitet werden.
Alternativen finden
Das Schlüsselwort hierbei ist laut Föderalminister Clarinval "Flexibilität": Es gebe in Belgien zwar aktuell keine Knappheit an bestimmten Gütern, aber man müsse sich eben flexibel und vorausschauend verhalten. Das bedeute zum Beispiel, Alternativen für bestimmte Stoffe in den Produktionsketten zu finden, erklärte der Wirtschaftsminister.
Damit ist es dann aber nicht getan, denn andere Zutaten erfordern beispielsweise auch andere Etiketten oder andere Verpackungen, wie Clarinval ausführte. Auch mit diesen ganz praktischen Problemen soll sich die Taskforce befassen. Denn eine gewisse "Flexibilität" wird sicher an den Tag gelegt werden müssen. Die darf allerdings dennoch nicht zum Beispiel die Nahrungsmittelsicherheit gefährden, Stichwort Allergene. Der Schutz des Verbrauchers gehe natürlich immer vor, betonte deswegen Staatssekretärin De Bleeker.
Unterstützungsmaßnahmen
Wenn Betriebe irgendwann dennoch nicht mehr produzieren könnten, dann gebe es sicherlich auch Unterstützungsmaßnahmen, so Minister Clarinval. Zum Beispiel die Möglichkeit auf Einführung von Kurzarbeit.
Ein weiterer Bereich, mit dem sich die Taskforce beschäftigen soll, ist Dünger. Denn viele Rohstoffe für Kunstdünger stammen aus der Ukraine, Russland und Belarus. Außerdem ist Kunstdünger auch durch die gestiegenen Energiepreise deutlich teurer geworden.
Manche Landwirtschaftsverbände drängen deshalb darauf, stärker tierische Dünger einsetzen zu dürfen. Aber das geht nicht so ohne weiteres wegen der Nitratrichtlinien, die unter die Zuständigkeit der Regionen fallen.
Boris Schmidt